Erschließung

Soll ein Grundstück bebaut werden, muss seine Erschließung gesichert sein. Erschließung im Sinne der §§ 123 - 135 BauGB umfasst die für die Nutzung von Baugebieten erforderlichen Maßnahmen: Herstellung der örtlichen öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, der Grünanlagen, der Kinderspielplätze und Kraftfahrzeugstellplätze, der Anlagen und Einrichtungen örtlicher Wasser- und Energieversorgung sowie der Abwasserbeseitigung und die Absicherung gegen schädliche Umwelteinflüsse, soweit es zur Baureifmachung der Grundstücke erforderlich ist.

Während das Erschließungsrecht des BauGB die Neuerstellung von Erschließungsanlagen regelt, bleibt die Unterhaltung bereits erstellter Erschließungsanlagen landesrechtlichen Vorschriften vorbehalten, § 123 Abs. 4 BauGB.

Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, § 123 Abs. 1 BauGB. Ein Grundstückseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Erschließung, § 123 Abs. 3 BauGB. Die Erschließungslast der Gemeinde kann sich allerdings in Ausnahmefällen zu einer Erschließungspflicht verdichten: Letztlich lassen sich alle Fallgestaltungen der Verdichtung der Erschließungspflicht auf den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz der Wahrung des Gebotes von Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) zurückführen, wobei insbesondere dem aus diesem Grundsatz folgenden Verbot widersprüchlichen Verhaltens, hier der Gemeinde, entscheidende Bedeutung zukommt. Dies setzt weiterhin voraus, dass in dem Bürger auf Grund des vergangenen Verhaltens der Gemeinde ein schutzwürdiges Vertrauen erweckt worden ist, sodass ihm nicht zuzumuten ist, so lange zu warten, bis die Gemeinde von sich aus ihrer Erschließungspflicht nachkommt. Eine Verdichtung der Erschließungslast kann abhängig von den konkreten Umständen im jeweiligen Einzelfall insbesondere in Betracht kommen bei Erlass eines qualifizierten Bebauungsplans, bei Ablehnung eines zumutbaren Erschließungsangebotes, bei Mitwirkung an der Erteilung einer Baugenehmigung oder im Fall einer Baulandumlegung.

Führt die Gemeinde die Erschließung selbst durch, erhebt sie zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der §§ 127 ff. BauGB und der in eigener Hoheit zu erstellenden Satzung, § 132 BauGB. Der Erschließungsbeitrag stellt die Gegenleistung für den dem erschlossenen Grundstück zuwachsenden Vorteil dar, die Erschließungsanlage nutzen zu können welche seinem Grundstück die bauliche oder eine vergleichbare Nutzbarkeit ermöglicht.

Für welche Erschließungsanlagen Erschließungsbeiträge erhoben werden können, ergibt sich abschließend aus § 127 Abs. 2 BauGB. Zum insoweit beitragsfähigen Erschließungsaufwand zählen nach §§ 128 f. BauGB die Kosten für den Ankauf der Flächen, auf denen die Erschließungsanlagen errichtet werden, vor allem aber die für den Bau der Erschließungsanlagen anfallenden Kosten, um die Bauflächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften nutzen zu können. Etwas verkürzt ausgedrückt, betrifft der Erschließungsbeitrag nur Straßenbaukosten, nicht jedoch Kosten für Abwasser- und Entwässerungsmaßnahmen (ausgenommen der Straßenentwässerung) sowie für die Energieversorgung.

Nach § 129 Abs.1 Satz 3 BauGB hat die Gemeinde mindestens 10 % des beitragsfähigen Erschließungsaufwands zu tragen. Damit wird ausgedrückt, dass Erschließungsanlagen auch dem Vorteil der Allgemeinheit und nicht nur dem Vorteil der erschlossenen Grundstücke dienen.

Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht regelt § 133 BauGB. Der Beitragspflicht unterliegen danach Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen.

Erschlossen nach § 133 Abs. 1 BauGB sind Grundstücke nur, wenn der Zufahrts- bzw. Zugangsmöglichkeit des Grundstückes von der öffentlichen Erschließungsanlage keine tatsächlichen (etwa unüberwindbarer Höhenunterschied) oder rechtlichen Hindernisse (Hinterliegergrundstück, bei dem die Zufahrt über das Angrenzergrundstück nicht rechtlich gesichert ist) entgegenstehen.

Grundstücke an zwei oder mehr Erschließungsanlagen sind dem Grunde nach für jede sie erschließende Anlage beitragspflichtig. Allerdings kann mehrfach erschlossenen Grundstücken in der Erschließungsbeitragssatzung eine sog. Eckgrundstücksvergünstigung eingeräumt werden, sodass sie nur mit einem Teil ihrer Fläche für die jeweilige Anlage herangezogen werden können.

Die endgültige Fertigstellung der Erschließungsanlagen ist wesentliche Voraussetzung für die Entstehung der Beitragspflicht, vgl. § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Die Merkmale der Fertigstellung hat die Erschließungsbeitragssatzung zu regeln, § 132 Nr. 4 BauGB.

Beitragsschuldner ist der Eigentümer bzw. Erbbauberechtigte des erschlossenen Grundstückes zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides, § 134 Abs. 1 BauGB.

Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder noch nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrages verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist.

Die Gemeinde kann die Erschließung durch Vertrag einem Dritten übertragen, § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Der Erschließungsvertrag hat nicht zuletzt durch die schlechte Finanzlage der Kommunen weite Verbreitung gefunden. Er kommt dem Interesse des Dritten entgegen, zur Vermeidung von Baukostensteigerungen die Grundstücke möglichst schnell zu erschließen und ihrer vorgesehenen baulichen Nutzung zuzuführen.

Der Erschließungsvertrag bedarf – wie andere städtebauliche Verträge auch – der Schriftform, § 11 Abs. 3 BauGB. Enthält der Vertrag zugleich die Verpflichtung des Unternehmers, nach Durchführung der Erschließung die Erschließungsflächen an die Gemeinde zu übereignen, bedarf er der notariellen Beurkundung.
Entschließt sich die Gemeinde, die Erschließung auf einen Dritten zu übertragen, so kann sie nur die Durchführung der Erschließung und die Kostenübernahme zum Gegenstand des Vertrages machen. Das Gesetz lässt keine Übertragung der Erschließungslast zu, diese verbleibt bei der Gemeinde.

Durch den Erschließungsvertrag verpflichtet sich der Dritte zur Herstellung der Erschließungsanlagen auf eigene Kosten; konsequenterweise entfällt dann die Erhebung von Erschließungsbeiträgen durch die Gemeinde. Selbst der 10 % Eigenanteil an den Erschließungskosten verbleibt in diesem Fall nicht bei der Gemeinde, § 11 Abs. 2 Satz 3 BauGB. Als Bauträger wird der Dritte seinerseits die Käufer der Grundstücke mit den vollen Erschließungskosten belasten. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig eine Schlechterstellung der Grundstückseigentümer. Schließlich kann die Erschließung durch den Privaten heute günstiger sein als eine Erschließung durch die Gemeinde erst in einigen Jahren.

Gegenstand des Erschließungsvertrages kann alles sein, was unter den weiten Begriff der Erschließungsanlage fällt: sämtliche technischen und sonstigen Einrichtungen, die Voraussetzung der baulichen und sonstigen Nutzung des Grundstücks (z. B. Straße, Kanal, Wasser) oder zu dessen moderner, zeitgemäßer Nutzung zu rechnen sind (z. B. Grünflächen, Lärmschutz). Der private Dritte kann sich demgemäß auch zur Herstellung nicht beitragsfähiger Anlagen sowie zur Übernahme nicht beitragsfähiger Kosten verpflichten.

Autor: Ralf Bitterwolf Drucken voriges Kapitel