Bilanz des Feuerwehrwesens

Insgesamt fällt die Bilanz des rheinland-pfälzischen Brand- und Katastrophenschutzes zufriedenstellend aus. Mit den vorhandenen Rettungs- und Einsatzmitteln sind die Feuerwehren derzeit flächendeckend in der Lage, innerhalb der Einsatzgrundzeit von acht Minuten wirksame Hilfe einzuleiten und bei Schadens- und Gefahrenlagen größeren Umfangs das notwendige Einsatz- und Führungssystem aufzubauen und wirksame Hilfe zu leisten.

Die Organisation der zivilen nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr in Rheinland-Pfalz ist als gut zu bewerten. Auf der Grundlage des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (LBKG), der Feuerwehrverordnung (FwVO), den Rahmen-Alarm- und Einsatzplänen (RAEP) und den einschlägigen Normen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ein eng verzahntes und sich gegenseitig ergänzendes Gefahrenabwehrsystem entwickelt. Dabei wirken die Einsatzkräfte und -mittel der Gemeinden, der Landkreise und kreisfreien Städte sowie des Landes und des Bundes eng zusammen. Der interkommunalen Zusammenarbeit kommt dabei – insbesondere im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage der öffentlichen Hand – eine hohe Bedeutung zu.

Die Kommunen nehmen zum überwiegenden Teil den Brand- und Katastrophenschutz als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung wahr, sodass die Probleme auch dort gelöst werden können, wo sie entstehen. Daneben erfüllt das Land die zentralen Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz. Rechtsvorschriften des Landes und insbesondere die Rahmen-, Alarm- und Einsatzpläne, als Rahmenempfehlungen des Landes, garantieren die erforderliche Einheitlichkeit in der Organisation, der Ausbildung und der Ausrüstung. Sie gelten nach wie vor als vorbildlich, was andere Länder (zum Beispiel Hessen und Thüringen) bewogen hat, ähnliche Regelungen zu treffen.

Bereits seit über 40 Jahren sind in Rheinland-Pfalz die Gemeinden, Städte und Landkreise auf der Grundlage von rechtlichen Rahmenvorgaben des Landes in der Lage, Feuerwehrbedarfsplanung zu betreiben, also lange bevor in den 1990er Jahren der Begriff „Feuerwehrbedarfsplan“ geprägt wurde!: Zunächst wird das Gefahren- und Risikopotenzial in dem jeweiligen Ausrückebereich, das ist in der Regel das Gebiet der Ortsgemeinde, analysiert. Anschließend erfolgt die Einordnung in eine von fünf möglichen Risikoklassen der vier Gefahrengruppen (Brandgefahren, Technische Gefahren, ABC-Gefahren, Wassergefahren). In Abhängigkeit der nach objektiven Beurteilungskriterien ermittelten Risikoklasse kann dann die erforderliche Mindestausrüstung ausgewählt, beantragt, gefördert und beschafft werden. Dieser Prozess ist als ausrüstungsbezogene Feuerwehrbedarfsplanung zu verstehen. Werden die geschilderten Prozessschritte noch um die erforderliche Definition der benötigten Funktionsstärken der Mannschaften mit deren jeweiligen Ausbildungsqualifikationen ergänzt, die ereignisbezogenen Alarm- und Ausrückeordnungen (AAO) erstellt und die Ergebnisse dokumentiert so erhält man einen vollständigen Feuerwehrbedarfsplan.

Der Ausrüstungsstand der Feuerwehren ist bezüglich der entwickelten, genormten und angebotenen Typen der neuen Feuerwehrfahrzeug-Generation hinsichtlich ihres Einsatzwertes, ihres Preis-/Leistungs-Verhältnis und ihrer Wirtschaftlichkeit als gut zu bewerten. Die Ausstattung der Gemeinden mit zeitgemäßen, leistungsfähigen und genormten Feuerwehrfahrzeugen orientiert sich an den geänderten Schaden- und Einsatzszenarien und den neuzeitlichen technischen Entwicklungen und berücksichtigt sowohl die Kassenlage als auch die Personalentwicklung in den Feuerwehren. Bis 2009 entwickelte der Normenausschuss Feuerwehrwesen (FNFW) im Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN) auf Initiative des MdI und unter Mitarbeit der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule (LFKS) eine neue Generation von Feuerwehrfahrzeugen. Bei der Novellierung der Feuerwehrverordnung (FwVO) in den Jahren 2010 und 2012 bildet die neue Feuerwehrfahrzeuggeneration einen wesentlichen Bestandteil:

  1. Flächendeckend stationierte Kleinlöschfahrzeuge, Tragkraftspritzenfahrzeuge und Mittlere Löschfahrzeuge – also Löschfahrzeuge mit Staffelbesatzung – gelten als Basisfahrzeuge zum Einleiten und Leisten wirksamer Hilfe und dienen dem Erhalt der örtlichen Feuerwehreinheiten.
  2. Stützpunktartig stationierte Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeuge – also Universalfahrzeuge für die Brandbekämpfung und die Technische Hilfe – dienen der Unterstützung der örtlichen Einheiten im Verbundsystem der gegenseitigen Hilfe.
  3. Rüstwagen, Drehleitern und Tanklöschfahrzeuge – also Sonderfahrzeuge mit Truppbesatzung – ergänzen die Löschfahrzeuge bei der Erfüllung besonderer Aufgaben.
  4. Preiswerte Mehrzweckfahrzeuge erfüllen Logistikaufgaben, insbesondere den Transport von Nachschub- und Verbrauchsmaterial.

Die kommunalen Aufgabenträger können auf Grundlage der novellierten Feuerwehrverordnung und in Verbindung mit der ab 2005 eingeführten neuen Feuerwehrfahrzeug-Generation vor allem bei der Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen dazu beitragen, dass in Rheinland-Pfalz das erforderliche Sicherheitsniveau erhalten bleibt und zugleich Einsparpotenzial erschlossen wird.

Die Ausrüstung der zivilen nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr der Feuerwehren ist hinsichtlich ihrer Altersstruktur als befriedigend zu bewerten. Erfahrungen auf der Bundesebene zeigen, dass das Durchschnittsalter der Einsatzfahrzeuge bei 16 Jahren liegt, allerdings ist ein Drittel der Fahrzeuge wesentlich älter als 20 Jahre. Bei der Aussonderung von Einsatzfahrzeugen werden auch Spitzenwerte von 35 Jahren erreicht. Daraus kann aber auch abgeleitet werden, wie pfleglich die Feuerwehren mit ihren Fahrzeugen umgehen. In den 60er und 70er Jahren des 20ten Jahrhunderts erfolgte die Vollmotorisierung der Feuerwehren. Bis dahin waren die Feuerwehren im ländlichen Raum überwiegend mit Tragkraftspritzen ausgerüstet, die von Traktoren gezogen wurden. In dieser Zeit erweiterte sich auch das Aufgabenspektrum der Feuerwehren um die Technische Hilfe, den Chemieschutz und den Strahlenschutz. Die Ersatzbeschaffungen der damals erworbenen umfangreichen Einsatzmittel erfolgen derzeit und werden in den nächsten Jahren abzuschließen sein.

Die Landesregierung betrachtet die Finanzielle Förderung des kommunal geprägten Feuerwehrwesens als eine Daueraufgabe. Sie sieht darin auch einen Beitrag zur Inneren Sicherheit. Die finanzielle Förderung des Feuerwehrwesens wird auch zukünftig eine Sonderstellung einnehmen, weil das spezifische Investitionsgeschehen ausschließlich auf die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, einem wichtigen Teil der Inneren Sicherheit in unserem Land, ausgerichtet ist. Das Förderprogramm des Landes ist darauf ausgerichtet, dass die finanziellen Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte Ausstattung der Feuerwehren bei den kommunalen Aufgabenträgern gewährleistet werden können. Die Landesregierung setzt sich in den Haushaltsaufstellungsverfahren dafür ein, dass als jährliches Förderbudget mindestens ein Betrag von 13,5 Mio. Euro aus Mitteln der Feuerschutzsteuer, Allgemeinen Haushaltsmitteln, Mitteln des kommunalen Investitionsausgleichs (Investitionsstock) und ggf. aus Mitteln von Konjunkturprogrammen für kommunale Investitionen bereitgestellt wird. Die aufgeführten statistischen Zahlen stammen aus der Großen Anfrage 16/5475/5719 vom 16. Oktober 2015.

Die Ausbildung im Brand- und Katastrophenschutz kann insgesamt als gut bezeichnet werden. Die Aus- und Fortbildung wird als dreistufiges Verbundsystem zwischen den einzelnen Aufgabenträgern wahrgenommen, beginnend mit der Standortausbildung der Gemeinden über die Kreisausbildung der Landkreise bis hin zur zentralen Ausbildung des Landes an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule (LFKS) in Koblenz. Ergänzt wird dieses Angebot der öffentlichen Aufgabenträger durch Lehrgänge und Seminare an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) des Bundes in Bad Neuenahr-Ahrweiler und durch den Landesfeuerwehrverband Rheinland-Pfalz, der zum Beispiel ein Fahrsicherheitstraining und Brandschutzerziehung anbietet. Zukunftsweisende Wege verfolgt die Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule mit einer modernen Form des Fernstudiums: die Entwicklung von „eLearning“ und „blended learning“ im Rahmen des neuzeitlichen „eGovernments“.

Die Landesregierung hat im Aufstellungsverfahren des Doppelhaushaltes 2019/2020 für die LFKS vier neue Stellen in der Lehre geschaffen, die der Landtag auch beschlossen hat. Nach der Besetzung der Stellen sowie der Ausbildung und Einarbeitung der Stelleninhaber kann ab dem Jahr 2021 das Lehrgangsangebot aufgestockt und die verstärkte Nachfrage befriedigt werden. Die gesteigerte Nachfrage resultiert zum einen durch den Generationswechsel im Hauptamt, die Beachtung der EU-Arbeitszeitverordnung und den Personalaufwuchs bei den Berufsfeuerwehren und zum anderen durch die geringeren Standzeiten von ehrenamtlichen Führungskräften. Um das aufge-tretene Quantitätsproblem an der LFKS zu beheben, hat die Landesregierung 2014 und 2018 die erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Die Aus- und Fortbildung erfolgt auf dem erforderlich hohen qualitativen Niveau und wird im Rahmen der Leistungsfähigkeit weiter ausgebaut.

Auch hinsichtlich der Einsatzkräfte ist die Bilanz grundsätzlich noch positiv. Die rund 51.000 Feuerwehrangehörige in den Einsatzabteilungen stellen mit den ungefähr 15.000 Helferinnen und Helfern des Arbeitersamariterbundes (ASB), der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der Johanniter Unfallhilfe (JUH) und des Malteser Hilfsdienstes (MHD) sowie den 3.500 Helferinnen und Helfern des Technischen Hilfswerks den Brand- und Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz überwiegend freiwillig-ehrenamtlich sicher. Dennoch fällt es den Gemeinden und Ortsvereinen oft schwer, die erforderliche Mannschaftsstärke aufzubieten und auch tagsüber die notwendige Fahrzeugbesetzung sicherzustellen. Diese Probleme sind erkannt und werden gemeinsam mit dem Landesfeuerwehrverband Rheinland-Pfalz e. V. (LFV-RLP) und der Jugendfeuerwehr Rheinland-Pfalz (JFw) angegangen. Zur Gewährleistung der Tagesalarmsicherheit werden so genannte Alarmierungsverbünde bzw. -gemeinschaften, bestehend aus mehreren örtlichen Feuerwehr-Einheiten, geschaffen, die bei einem Brand oder Unfall gleichzeitig alarmiert werden und gemeinsam zum Einsatz ausrücken.

Die Gesamtkosten für die kommunalen Feuerwehren belaufen sich in Rheinland-Pfalz schätzungsweise auf etwa 135 Mio. Euro im Jahr. Sie verteilen sich auf ca. 50 Mio. Euro für Investitionen, auf ca. 25 Mio. Euro für den Unterhalt und auf ca. 60 Mio. Euro für die Personalkosten der Berufsfeuerwehren und der Freiwilligen Feuerwehren mit hauptamtlichen bzw. hauptberuflichen Kräften. Die Kosten für das Feuerwehrwesen, bezogen auf einen einzelnen Bürger, betragen im Durchschnitt somit etwa 34 Euro im Jahr oder knapp 3 Euro im Monat.

Autor: Hans-Peter Plattner, Annette Strobel Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel