Umfang der kommunalen Zuständigkeit

Eine Legaldefinition des Abfallbegriffs enthält  § 3 Abs. 1 KrWG. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz übernimmt damit den Abfallbegriff der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG).

Abfälle sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. § 3 Abs. 1 KrWG unterscheidet sodann in Abfälle zur Verwertung und Abfälle zur Beseitigung; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind kraft Gesetzes Abfälle zur Beseitigung. Verwertet werden Abfälle, wenn sie als Hauptergebnis einem sinnvollen Zweck zugeführt werden (§ 3 Abs. 23 KrWG). Beseitigung ist jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden (§ 3 Abs. 26 KrWG); Anlage 1 des KrWG nennt Beispiele.

Auch unter Geltung des KrWG bestehen Entsorgungspflichten der öffentlichen Hand. Gegenüber der bis Oktober 1996 geltenden Rechtslage sind diese aber deutlich reduziert. War früher die Entsorgungspflicht grundsätzlich uneingeschränkt den entsorgungspflichtigen Körperschaften, also den Landkreisen und kreisfreien Städten, zugewiesen, so sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 20 Abs. 1 KrWG nur noch verpflichtet, die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen zu entsorgen. Mit den Entsorgungspflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger korrespondieren Überlassungspflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen, die in § 17 KrWG geregelt sind.

a) Abfälle aus privaten Haushaltungen

Abfälle zur Beseitigung und zur Verwertung aus privaten Haushaltungen unterliegen grundsätzlich der Überlassungspflicht. Allerdings gilt diese Überlassungspflicht nur, soweit die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Durch diese Regelung sollte der Vorrang der Verwertung auch für private Haushaltungen normiert werden. Klassischer Fall der Eigenverwertung (definiert als „Verwertung auf den von ihnen [Abfallbesitzer] im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken“)  ist die Kompostierung von geeigneten Bioabfällen auf dem eigenen Grundstück. Auch bei der Eigenverwertung müssen die privaten Haushaltungen die Anforderungen des Gesetzes an die Verwertung von Abfällen einhalten; d. h. es müssen beispielsweise entsprechende Flächen oder Einrichtungen zur Verfügung stehen, die eine Eigenkompostierung überhaupt ermöglichen. Um die notwendige Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen zu gewährleisten, sieht § 19 Abs. 1 KrWG ein Recht zum Betreten des Grundstücks zum Zweck des Einsammelns und zur Überwachung der Getrennthaltung und Verwertung von Abfällen vor.

Die Überlassungspflicht besteht weiter nicht für Abfälle,

  • die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an der Rücknahme mitwirken;  z. B. einheitliche Wertstofftonne oder
    -erfassung;
  • die in Wahrnehmung der Produktverantwortung von den Herstellern oder Vertreibern freiwillig zurückgenommen werden und diesen ein Freistellungs- oder Feststellungsbescheid erteilt worden ist;
  • die durch gemeinnützige Sammlung verwertet werden,
  • die durch gewerbliche Sammlung verwertet werden, , soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen (dazu weiter unten).

b) Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen

Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen (also insbesondere aus Gewerbe und Industrie) haben diese grundsätzlich ebenfalls an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Landkreise und kreisfreie Städte) zu überlassen. Diese Pflicht besteht allerdings nur, soweit die Erzeuger und Besitzer dieser Abfälle zur Beseitigung diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen oder trotz Vorhandenseins eigener Anlagen überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern. Für Abfälle zur Verwertung aus diesen Herkunftsbereichen besteht dagegen keine Überlassungspflicht, § 17 Abs. 1 Satz 2 und 3 KrWG.

Die am 1. August 2017 in Kraft getretene Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) übernimmt die fünfstufige Abfallhierarchie des KrWG von 2012 (Näheres siehe 3.) und schreibt für gewerbliche Siedlungsabfälle die vorrangige Abfallvermeidung und die weitere Prioritätenfolge Vorbereitung zur Wiederverwendung - Recycling - sonstige, insbesondere energetische Verwertung oder Verfüllung - Beseitigung vor. Sie gilt für gewerbliche Siedlungsabfälle (Haushaltsabfälle und ähnliche gewerbliche und industrielle Abfälle sowie Abfälle aus privaten und öffentlichen Einrichtungen) und bestimmte Bau- und Abbruchabfälle.

Nicht anwendbar ist die GewAbfV dagegen auf Abfälle, die den Spezialregelungen des Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG), dem Batteriegesetz (BattG) und der Altholzverordnung unterliegen sowie auf Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der Abfallüberlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG überlassen worden sind. Während die GewAbfV von 2003 noch in erster Linie die Scheinverwertungen gewerblicher und industrieller Abfälle sowie die damit einhergehende Umgehung der Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger begrenzen wollte, ist ein Schwerpunkt der neuen GewAbfV von 2017, die getrennte Erfassung von Abfällen als bevorzugte Handlungsoption voranzubringen.

Gemäß § 3 GewAbfV sind folgende Abfallfraktionen getrennt zu sammeln:

  • Papier, Pappe und Karton mit Ausnahme von Hygienepapier,
  • Glas,
  • Kunststoffe,
  • Metalle,
  • Holz,
  • Textilien,
  • Bioabfälle,
  • weitere Abfallfraktionen, die in den in § 2 Nr. 1 Buchstabe b genannten Abfällen enthalten sind.

Zudem besteht ein Vermischungsverbot für gefährliche Abfälle (§ 3 Abs. 1 Satz 3 GewAbfV). Die Getrenntsammlungspflicht entfällt, soweit die getrennte Sammlung der jeweiligen Abfallfraktion technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Technisch nicht möglich ist die getrennte Sammlung insbesondere dann, wenn für eine Aufstellung der Abfallbehälter für die getrennte Sammlung nicht genug Platz vorhanden ist oder die Abfallbehälter an öffentlich zugänglichen Anfallstellen von einer Vielzahl von Abfallerzeugern befüllt werden und die getrennte Sammlung aus diesem Grund durch den Besitzer nicht gewährleistet werden kann (z. B. an Bahnhöfen).

Wirtschaftlich nicht zumutbar ist eine getrennte Sammlung dann, wenn die Kosten für die getrennte Sammlung, insbesondere aufgrund einer sehr geringen Menge der jeweiligen Abfallfraktion, außer Verhältnis zu den Kosten für eine gemischte Sammlung und eine anschließende Vorbehandlung stehen (§ 3 Abs. 2 GewAbfV).
Die Abfallerzeuger und -besitzer haben die Erfüllung der Getrenntsammlungspflicht oder das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Entfall dieser Pflicht zu dokumentieren (§ 3 Abs. 3 GewAbfV).

Dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind nur die gewerblichen Siedlungsabfälle zu überlassen, die nicht verwertet werden (§ 7 Abs. 1 GewAbfV). Man spricht hier auch von der „Pflichtrestmülltonne“. Mindestens ein Behälter ist dafür zu nutzen (§ 7 Abs. 2 GewAbfV). Nach der Rechtsprechung gilt dies nicht, wenn der Abfallerzeuger oder -besitzer nachweisen kann, dass bei ihm keine überlassungspflichtigen Abfälle zur Beseitigung anfallen. Dieser Nachweis wird dem Abfallerzeuger oder -besitzer in der Praxis allerdings kaum gelingen dürfen.

Für die verbleibenden Abfallgemische, bei denen aufgrund fehlender technischer Möglichkeit oder wirtschaftlicher Zumutbarkeit eine getrennte Sammlung nicht infrage kommt, bleibt die Vorbehandlung bzw. Aufbereitung Teil des Entsorgungskonzepts. Betreiber von Vorbehandlungsanlagen müssen eine Sortierquote von 85 % erreichen und nachweisen (§ 6 Abs. 3 und 4 GewAbfV).

Ab 1. Januar 2019 haben die Betreiber von Vorbehandlungsanlagen eine Recyclingquote von mindestens 30 % zu erfüllen. Die Bundesregierung prüft bis 31. Dezember 2020 auf der Grundlage der abfallwirtschaftlichen Entwicklung und der bis dahin gesammelten Erfahrungen, ob diese Quote anzupassen ist (§ 6 Abs. 5 GewAbfV).

c) Ausschluss von der Entsorgung

Der Bundesgesetzgeber hat den kommunalen Trägern der Abfallentsorgung für verschiedene Arten von Abfällen die Möglichkeit zum Ausschluss von der Entsorgung zur Verfügung gestellt. Wie nach früherem Recht können die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch weiterhin Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen von ihrer Entsorgung ausschließen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen beseitigt werden können (§ 20 Abs. 2 Satz 2 KrWG).  Diese bundesgesetzliche Bestimmung legt fest, dass sich der Umfang der kommunalen Pflichtigkeit nach dem Willen des Gesetzgebers zwingend nur auf Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle erstreckt. Berücksichtigt wird damit, dass die Entsorgung bestimmter industrieller und gewerblicher Abfälle von den kommunalen Gebietskörperschaften nicht geleistet werden kann, sei es, dass die vorhandenen Einrichtungen nicht ausreichen, sei es, dass die Bereitstellung entsprechender Kapazitäten den kommunalen Haushalt überlasten würden. Für von der kommunalen Entsorgung ausgeschlossene Abfälle verbleibt es bei der Entsorgungspflicht der Erzeuger oder Besitzer dieser Abfälle; auch gilt insoweit der grundsätzliche Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung.

Die Möglichkeit des Ausschlusses von der Entsorgung ist auch gegeben, soweit Abfälle der Rücknahmepflicht aufgrund einer nach § 26 KrWG erlassenen Rechtsverordnung unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 KrWG). Diese Ausschlussmöglichkeit betrifft sowohl Abfälle aus privaten Haushaltungen als auch Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen.

Darüber hinaus besteht für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen auch die Möglichkeit eines Ausschlusses von der Entsorgung, wenn die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit dem Abfallwirtschaftsplan des Landes durch einen anderen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist (§ 20 Abs. 2 Satz 2 KrWG).

Ein Ausschluss von der kommunalen Abfallentsorgung kann sich auch nur auf bestimmte Phasen der Abfallentsorgung, wie beispielsweise das Einsammeln und Befördern erstrecken.

Kraft Gesetzes von der kommunalen Entsorgung ausgeschlossen sind Sonderabfälle (§ 4 Abs. 4 Satz 1, § 8 Abs. 4 LKrWG). Allerdings sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Annahme von Problemabfällen aus Haushaltungen und von gefährlichen Abfällenverpflichtet, soweit diese in haushaltsüblichen Mengen anfallen (§ 4 Abs. 3 LKrWG).

Die Einzelheiten und Konkretisierungen der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Ziele, Maßnahmen, Standorte und Methoden ergeben sich aus dem Abfallwirtschaftsplan (Teilplan Kommunale Abfallwirtschaft) des Landes (§ 12 LKrWG) und den Abfallwirtschaftskonzepten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die nach dem neuen Landeskreislaufwirtschaftsgesetz zum 31.Dezember 2014 der zuständigen Behörde vorzulegen und spätestens alle fünf Jahre fortzuschreiben sind (§ 6 LKrWG).

Autor: Dr. Daniela Franke Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel