Vorkaufsrechte

Die §§ 24 ff. BauGB räumen der Gemeinde teils gesetzliche, teils durch städtebauliche Satzung begründbare Vorkaufsrechte ein.

Allgemeine Vorkaufsrechte

  • für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Bebauungsplangebiet (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB: Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 oder Abs. 3 BauGB),
  • im Umlegungsgebiet (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 BauGB),
  • zur Sicherung städtebaulicher Sanierungs- und Erhaltungsziele (§ 24 Abs. 1 Nr. 3, 4 BauGB),
  • für unbebaute Flächen im Außenbereich, hinsichtlich derer im Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB),
  • für unbebaute Grundstücke in Gebieten, die nach §§ 30, 33 oder 34 Abs. 2 BauGB vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB).

Besondere Vorkaufsrechte

  • kraft Satzung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans an unbebauten Grundstücken (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB),
  • kraft Satzung zum Erwerb von Grundstücken im Hinblick auf städtebauliche Maßnahmen (§ 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB).

Das Vorkaufsrecht hat die Gemeinde gemäß § 28 Abs. 2 BauGB binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrages durch Verwaltungsakt gegenüber dem Grundstücksverkäufer auszuüben. Mit der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts kommt ein rechtlich selbstständiger Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und der Gemeinde zustande, dessen Inhalt sich grundsätzlich nach dem bereits geschlossenen Vertrag zwischen Verkäufer und Erstkäufer bestimmt. Die Gemeinde hat mithin grundsätzlich den zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Wenn allerdings der vereinbarte Kaufpreis deutlich über dem Verkehrswert des Grundstücks liegt, kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert bestimmen, § 28 Abs. 3 BauGB. In diesem Fall ist der Verkäufer jedoch gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 BauGB berechtigt, sich vom Kaufvertrag zu lösen. Der Grundstückseigentümer kann also nicht zu einem Verkauf zum Verkehrswert gezwungen werden. Dies gilt nicht in den Fällen des § 28 Abs. 4 BauGB. Die Vorschrift enthält eine Sonderregelung für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also für den Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Hier wird dem Verkäufer kein Rücktrittsrecht eingeräumt, da es sich hier um Fälle handelt, in denen das Grundstück auch enteignet werden könnte.

Als Besonderheit für die allgemeinen Vorkaufsrechte nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 BauGB verlagert § 24 Abs. 1 Satz 2 und 3 BauGB den zulässigen Zeitpunkt der Geltendmachung nach vorne, um einer Erhöhung des Verkehrswerts durch eine voranschreitende Planung entgegenzuwirken.

Die Inanspruchnahme des Vorkaufsrechts ist von den sogenannten Ausübungsvoraussetzungen (§ 24 Abs. 3 BauGB, § 25 Abs. 2 BauGB) abhängig.

In jedem Fall muss das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung rechtfertigen, § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt die Ausübung des Vorkaufsrechts bereits, wenn mit ihm im Hinblick auf eine bestimmte gemeindliche Aufgabe überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden.
Die Gemeinde kann nach § 26 BauGB im Einzelfall durch Ausschließungsgründe an der Ausübung des Vorkaufsrechts gehindert sein. Verwandtengeschäfte oder bestimmte Kaufverträge öffentlicher Bedarfsträger sind beispielsweise vom Vorkaufsrecht ausgenommen.

§ 27 BauGB räumt dem Käufer die Möglichkeit ein, die Ausübung des Vorkaufsrechts abzuwenden, indem er den mit dem Vorkaufsrecht verfolgten Zweck selbst verwirklicht.

Die Gemeinde kann das Vorkaufsrecht gemäß § 27 a BauGB auch zugunsten eines Dritten ausüben. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die Kosten zu vermeiden, die bei einem Zwischenerwerb durch die Gemeinde und die anschließende Veräußerung an einen Dritten entstehen (z. B. Grunderwerbskosten, Zwischenfinanzierung).

Wird ein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis (Negativzeugnis) auszustellen, § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB.

Autor: Ralf Bitterwolf Drucken voriges Kapitel