(Re-)Kommunalisierung

Die Kommunalisierung bzw. Re-Kommunalisierung wird aktuell vorrangig in Bezug auf die Verteilnetze diskutiert. Es geht darum, insbesondere Strom- und Gasnetze aus bisher privater Trägerschaft (ggf. wieder) in die kommunale Aufgabenträgerschaft bzw. in kommunales Eigentum zu übernehmen. Damit sollen unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Viele Kommunen erhoffen sich dadurch mehr Gestaltungsspielraum beim Ausbau der örtlichen Infrastruktur, insbesondere zur Umsetzung der kommunalen energie-, wirtschafts- und klimaschutzpolitischen Ziele. Weiterhin sollen die aus dem Netzbetrieb erzielbaren Gewinne der Kommune zusätzliche Einnahmen verschaffen. Schließlich geht es meist auch darum, regionale Wertschöpfungseffekte zu erreichen (vgl. oben unter II.).

Kommunalisierung der Netze ist in aller Regel mit der Gründung einer neuen Trägerorganisation verbunden („Netzgesellschaft“). Diese kann öffentlich- oder privatrechtlich sowie mit oder ohne Beteiligung eines privaten Partners erfolgen. Für die kleineren Gemeinden ist zumindest interkommunale Kooperation unverzichtbar. Mittlerweile hat sich eine Vielzahl von unterschiedlichen Beteiligungsmodellen entwickelt.

Ein solcher Schritt erfordert angesichts nicht unerheblicher rechtlicher, finanzieller oder wirtschaftlicher Risiken allerdings eine sorgfältige vorherige Prüfung. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Bewertung des Netzes und die Prognose der Ertragsfähigkeit des Netzes. Das Sachzeitwertverfahren ist dabei nicht (mehr) sachgerecht. Besonderes Augenmerk gilt der demografischen und wirtschaftlichen Struktur der Gemeinde, der Kundenstruktur, dem tatsächlichen technischen Zustand des Netzes sowie den im Rahmen der Anreizregulierung vorgegebenen Erlösobergrenzen. Unverzichtbar sind eine fundierte Finanzierung und Sicherstellung der notwendigen technischen und personellen Ressourcen für einen ordnungsgemäßen Netzbetrieb, ggf. mit Hilfe privater Partner. Letzteres kann insbesondere angesichts der immer komplexen Anforderungen aus der Anreizregulierung sehr bedeutend werden.

Eine entsprechend fundierte Machbarkeitsstudie ist faktisch unverzichtbar. Verallgemeinernde Aussagen oder „Faustwerte“, wonach der wirtschaftliche Betrieb nur ab einer bestimmten kritischen Größe (z. B. Netzgröße, Netzanschlussdichte, Einwohnerzahl o. ä.) möglich sei, tragen nicht weit. Es kommt auf den Einzelfall an und z. B. darauf, ob durch interkommunale Kooperationen Größen- und Verbundvorteile genutzt werden können.

Autor: Dr. Thomas Rätz Drucken voriges Kapitel