Frauen- und Gleichstellungspolitik versus Gender Mainstreaming und Diversity Management?

Seit der Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking, dem 1999 in Kraft getretenen Amsterdamer Vertrag der Europäischen Gemeinschaft und der im Jahr 2000 erfolgten Selbstverpflichtung der rheinland-pfälzischen Landesregierung, hat auch in Kommunen ein neuer Begriff Einzug gehalten: Gender Mainstreaming. Auch etliche rheinland-pfälzische Städte und Landkreise haben sich ab dem Jahr 2000 auf das Handlungsprinzip Gender Mainstreaming verständigt. Gemeint ist damit eine gemeinsame Verantwortung aller politisch und administrativ Handelnden auf allen Ebenen für alle Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, wobei den Führungsebenen in den Verwaltungen eine besondere Rolle bei der Umsetzung der Strategie zukommt. Gemeinsame Verantwortung bedeutet, dass es nicht ausreicht, die Zuständigkeit allein an Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte zu delegieren. Gender Mainstreaming verankert systematisch Gleichstellungspolitik dort, wo geplant und entschieden wird. Die Rolle der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten entspricht dabei der einer Impulsgeberin und Beraterin. Gender Mainstreaming ist explizit kein Ersatz für eine eigenständige Frauen- und Gleichstellungspolitik, sondern stellt eine Ergänzung dar. Insofern sind die kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Teil dieses Prozesses.

Ebenso verhält es sich mit der für Kommunalverwaltungen relativ neuen Strategie für Vielfalt (Diversity Management). Vielfalt auch in Kommunen und Kommunalverwaltungen zu wollen und zu fördern, bedeutet nicht den Verzicht auf umfassende frauen- und gleichstellungspolitische Anstrengungen. So hat der Deutsche Städtetag Ende 2016 mit dem Positionspapier »Gender Mainstreaming und Diversity Management im Kontext kommunaler Gleichstellungspolitik« für Klarstellung gesorgt und deutlich gemacht, dass der Verfassungsauftrag Gleichberechtigung keineswegs als erfüllt anzusehen ist. Der Frage nach geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Planungen und Entscheidungen kommt weiterhin eine übergeordnete Bedeutung zu.

Die Eigenständigkeit von Frauen- und Gleichstellungspolitik erfordert auch, dass sich die Beauftragten auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können und nicht zusätzlich die Verantwortung für die Umsetzung von Gender Mainstreaming und Diversity Management übernehmen müssen. Genauso wenig wie neue Strategien Frauen- und Gleichstellungspolitik ersetzen, bilden die kommunalen Frauenbüros und Gleichstellungsstellen einen Ersatz für die Arbeit von Frauenorganisationen und -initiativen.

Autor: Eva Weickart, Birgit Löwer Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel