Die Bilanz

Kernstück des doppischen Rechnungswesens ist die Bilanz (§ 47 GemHVO); sie findet zwar nicht unmittelbar Eingang in die Beratungen des aktuellen Haushaltsplans, steht aber am Ende des Haushaltsjahres im Zentrum des Jahresabschlusses. Die Bilanz enthält auf der Aktivseite das gemeindliche Vermögen; dazu waren spätestens auf den 1. Januar 2009 alle Vermögenswerte der Gemeinde in einer Eröffnungsbilanz (§ 2 KomDoppikLG) erstmals zu erfassen und zu bewerten. Hierfür sind Bewertungsvorschriften erlassen worden, die auf dem Prinzip der Bewertung zu Anschaffungs- und Herstellungskosten beruhen (§ 6 KomDoppikLG). In der Folgezeit sind alle Vermögenszugänge – vor allem auf Grund der Investitionstätigkeit – in der Bilanz zu aktivieren. Während ihrer Nutzungsdauer sind sie nach Maßgabe einer vom Land vorgegebenen Abschreibungstabelle linear, d. h. mit jährlich gleichen Beträgen abzuschreiben; die Abschreibungen werden als Aufwand im Ergebnishaushalt dargestellt. Soweit kein neues Vermögen gebildet wird, reduziert sich der Vermögensbestand mit den laufenden Abschreibungen. Damit wird erstmals sichtbar, ob und inwieweit eine Gemeinde einen Vermögensverzehr vornimmt bzw. vornehmen muss („Leben von der Substanz“).

Struktur der kommunalen Bilanz

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Tabelle: Eigene Darstellung

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Auf der Passivseite sind zunächst alle Verbindlichkeiten der Gemeinde zu erfassen. Das sind nicht nur die ausstehenden Verpflichtungen aus kurz- und langfristigen Kreditaufnahmen sondern auch die Rückstellungen für Verbindlichkeiten, die in Zukunft anfallen (können). Der wichtigste Grund zur Bildung von Rückstellungen sind die Pensionen, die für beamtete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu leisten sein werden. Damit werden erstmals Verpflichtungen sichtbar, die die Gemeinde eingegangen ist, auch wenn sie noch nicht zahlungswirksam werden. Ebenfalls auf der Passivseite zu bilanzieren sind empfangene Zuschüsse und Beiträge für Investitionen als Sonderposten, die analog zur jährlichen Abschreibung ratierlich aufgelöst werden und als Ertrag in den Ergebnishaushalt eingehen. Damit wird die Kongruenz zum Ressourcenverbrauch, der sich in den Abschreibungen als Aufwand im Ergebnishaushalt niederschlägt, auf der Ertragsseite hergestellt. Maßgeblich für die Erstellung der Bilanz sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung und Inventur (VV zu § 93 GemO).

Der Betrag, um den die Aktiva die eben genannten Posten der Passivseite übersteigen, bildet dann das rechnerische Eigenkapital der Gemeinde. Dabei handelt es sich um eine fiktive Größe, denn das dem Eigenkapital gegenüber stehende Vermögen kann – zumindest soweit es der Aufgabenerfüllung dient – nicht realisiert, d. h. veräußert werden. Allerdings weist ein geringes oder gar (haushaltsrechtlich eigentlich unzulässiges) negatives Eigenkapital in aller Regel auf gravierende haushaltswirtschaftliche Probleme hin.

Bilanz, Ergebnis- und Finanzhaushalt sind auf vielfältige Weise miteinander verknüpft. Der Saldo des Ergebnishaushalts wirkt sich mittelbar auf das Eigenkapital aus. Übersteigen die Aufwendungen die Erträge (Fehlbetrag), wird es gemindert, im umgekehrten Fall (Überschuss) erhöht. Der Saldo des Finanzhaushalts erhöht (sofern positiv) bzw. reduziert (sofern negativ) die liquiden Mittel im Umlaufvermögen. Sofern keine (weiteren) liquiden Mittel vorgehalten werden sollen, senkt ein positiver Saldo die kurzfristigen Verbindlichkeiten, während ein negativer Saldo sie erhöht.

Jede Investition schlägt sich in einer Erhöhung des Anlagevermögens nieder. Je nach Finanzierung stehen auf der Passivseite hierfür Sonderposten (falls Beiträge erhoben oder Zuschüsse gezahlt wurden) ggf. auch Kreditverbindlichkeiten. Wird die Investition ganz oder teilweise aus Eigenmitteln (aus vorhandenen liquiden Mitteln oder aus Veräußerungserlösen) bestritten, mindern sich die entsprechenden Positionen auf der Aktivseite (Aktivtausch). In den Folgejahren sind dann die Abschreibungen sowie die Auflösung von Sonderposten auf der einen, die Tilgungszahlungen für Kredite aus dem Finanzhaushalt auf der anderen Seite für die Veränderungen in der Bilanz maßgeblich.

Autor: Professor Dr. Gunnar Schwarting Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel