Über- und außerplanmäßige Ausgaben, Nachtragshaushalt

Der Haushaltsplan ist zwar für die Haushaltsführung verbindlich - gleichwohl kann es erforderlich werden, Veränderungen im Verlauf des Haushaltsjahrs vorzunehmen, um unerwarteten Mehrbelastungen oder neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen zu können. Hierfür enthält das Haushaltsrecht zum einen das Instrument der über- und außerplanmäßigen Aufwendung oder Auszahlung; zum anderen bietet es die Möglichkeit, den Haushalt durch eine Nachtragshaushaltssatzung umfassender zu korrigieren. Mit über- oder außerplanmäßigen Aufwendung oder Auszahlung wird nur die einzelne Position (einschließlich der zur Deckung herangezogenen Haushaltsstellen) verändert, mit dem Nachtragshaushalt hingegen die gesamte Haushaltssatzung neu gefasst.

Bestehende Veranschlagungen können im Wege der überplanmäßigen Aufwendungen/Auszahlungen erhöht, neue Positionen durch außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen begründet werden (§ 100 GemO). Über- und außerplanmäßige Mittelbereitstellungen sind nur zulässig, wenn ein dringender Bedarf besteht und die Deckung gewährleistet ist. Gäbe es diesen Bedarf nicht, könnte die entsprechende Position ohne weiteres im Haushaltsplan des folgenden Jahres ordnungsgemäß veranschlagt werden. Als zweite Voraussetzung tritt die Deckungsnotwendigkeit hinzu. Über- oder außerplanmäßige Aufwendungen oder Auszahlungen sind in der Regel nur zulässig, wenn ihre Deckung gewährleistet ist. Nur dadurch kann vermieden werden, dass das Gesamtergebnis des Haushalts und damit der Haushaltsausgleich tangiert werden. Als Deckungsmittel kommen in Betracht:

  • Minderaufwendungen/-auszahlungen bei anderen Haushaltsstellen,
  • Mehrerträge/-einzahlungen - soweit nicht zweckgebunden,
  • ggf. Mittel einer Deckungsreserve, soweit zulässig und veranschlagt.

Besondere Probleme können dann auftreten, wenn die Bereitstellung zusätzlicher Mittel – z. B. auf Grund gesetzlicher Verpflichtung oder zur Sicherung der Aufgabenerfüllung – unabweisbar ist, hierfür jedoch keine Deckungsmöglichkeit besteht. Da die Gemeinde zu dem entsprechenden Aufwand bzw. den notwendigen Auszahlungen verpflichtet ist, muss sie diese in dem Fall auch leisten können. Üblicherweise würde dies allerdings den Erlass einer zeitlich aufwendigen Nachtragshaushaltssatzung erforderlich machen. Das Gemeindehaushaltsrecht gibt daher die Möglichkeit, unabweisbare Mehraufwendungen/-auszahlungen auch ohne gleichzeitige Deckung zu leisten, wenn dadurch kein erheblicher Fehlbetrag entsteht (§ 100 Abs. 1 GemO).

Darüber hinaus ist auch eine über- oder außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung zulässig (§ 102 Abs. 1 GemO). Wie für den laufenden Haushalt auch sind der dringende Bedarf und die hinreichende Deckung Voraussetzung. Zur Deckung sind andere Verpflichtungsermächtigungen heranzuziehen; dabei darf insgesamt der in der Haushaltssatzung festgelegte Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen nicht überschritten werden.

Mit der Nachtragshaushaltssatzung wird die ursprüngliche Haushaltssatzung korrigiert; sie unterliegt dementsprechend auch den gleichen Verfahrensvorschriften und Genehmigungsvorbehalten. Der Zeitbedarf für den Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung wird jedoch deshalb in der Praxis deutlich geringer ausfallen, weil die Beratungen innerhalb der Verwaltung sowie im Rat und seinen Gremien wesentlich kürzer sein dürften. Zeitliche Vorgaben für den Erlass einer Nachtraghaushaltssatzung enthält das Gemeindehaushaltsrecht nur insoweit, als sie bis zum Ende des Haushaltsjahres erlassen sein muss (§ 98 Abs. 1 GemO). Im Übrigen ist die Gemeinde frei, ob und zu welchem Zeitpunkt sie eine Nachtragshaushaltssatzung aufstellt. Auch die Zahl der Nachträge ist nicht limitiert; mehrere Nachträge innerhalb eines Haushaltsjahres sind zumindest nicht ausgeschlossen, in der Praxis jedoch eher selten.

Die Nachtragssatzung und der Nachtragshaushaltsplan sind dadurch gekennzeichnet, dass sie lediglich die gegenüber den Ursprungsansätzen vorgenommenen Veränderungen ausweisen. Alle anderen Haushaltsstellen, die keiner Veränderung unterliegen, werden nicht erneut dargestellt. Ein umfassendes Bild der für die Haushaltswirtschaft maßgeblichen Ansätze lässt sich in dem Fall nur durch gleichzeitige Betrachtung des Haushaltes sowie des Nachtrags gewinnen. Dies erweist sich in der Praxis als wenig übersichtlich. Hinzu kommt, dass während des Haushaltsjahres durch über- und außerplanmäßige Vorgänge weitere Veränderungen vorgenommen werden, die je nach Zeitpunkt gar keinen Eingang in einen Nachtragshaushalt finden.

Darstellung der Veränderungen im Nachtragshaushalt

 Haushaltsstelle Ansatz neu Ansatz alt
 Mehr/Weniger
Erträge/
Einzahlungen
.. (verändert)
.. (verändert)
Aufwendungen/
Auszahlungen
.. (verändert)
.. (verändert)
   

Tabelle: Eigene Darstellung

Eine Nachtragshaushaltssatzung ist stets dann erforderlich (§ 98 Abs. 2 GemO), wenn trotz Ausnutzung aller Sparmöglichkeiten ein erheblicher Fehlbetrag im Ergebnishaushalt oder eine erhebliche Unterdeckung im Finanzhaushalt zu erwarten ist, die ohne den Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung nicht auszugleichen wäre. Darüber hinaus ist ein Nachtrag notwendig, wenn bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen bzw. Auszahlungen in einem im Verhältnis zum Gesamthaushalt erheblichen Umfang geleistet werden müssen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Haushaltsausgleich gefährdet ist. Wo die Grenze für den erheblichen Umfang zu ziehen ist, hängt im Wesentlichen vom Volumen des jeweiligen Haushalts, aber auch von der Art und Bedeutung der einzelnen Maßnahme ab.

Erforderlich ist die Nachtragshaushaltssatzung in jedem Fall, wenn bisher nicht veranschlagte Investitionen oder Investitionsförderungsmaßnahmen getätigt werden sollen. Ausgenommen sind lediglich geringfügige oder unabweisbare Maßnahmen. Schließlich sind auch Veränderungen des Stellenplans in der Regel nur im Wege der Nachtragshaushaltssatzung möglich.

Autor: Professor Dr. Gunnar Schwarting Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel