Fiskalische Aspekte

  1. Das Gutachten geht davon aus, dass durch sogenannte Fusionsrenditen Einsparungen von bis zu 8 % in einem Zeitraum von 7-8 Jahren erreichbar seien. Eine Vergrößerung der Verwaltung führe danach zu einer strafferen Organisation mit weniger Overheadkosten und besserer Effizienz. Auch in der öffentlichen Debatte werden diese Einspareffekte als wesentlicher Faktor kommuniziert. Die Skaleneffekte sind aber allenfalls theoretischer Natur. In der Realität zeigen Untersuchungen, dass sie nicht eintreten. So hat die großangelegte Kreisreform in Sachsen vor 10 Jahren keine finanziellen Auswirkungen gezeigt. Damals schrumpfte die Zahl der Landkreise von 22 auf 10, von 7 kreisfreien Städten blieben nur Leipzig, Dresden und Chemnitz übrig. Im Rahmen einer groß angelegten Studie zeigte sich nicht nur, dass die Kosten weiter anstiegen, sondern auch, dass es keinen Unterschied zu anderen Bundesländern gab, die keine Gebietsreformen durchgeführt haben. Gegenüber dem Städtetag hat einer der Gutachter zudem erklärt, dass die Skaleneffekte deswegen nicht zustanden kämen, weil die Verwaltungen sich nicht effizienter aufstellen würden, obwohl sie es könnten. Übersetzt bedeutet dies, dass die nicht nachweisbaren Einsparungseffekte nichts mit einer fehlerhaften Annahme der Gutachter zu tun hätten, sondern am Unwillen der reformierten Gebietskörperschaften lägen. Es handelt sich hierbei zumindest um einen bemerkenswerten Denkansatz.
  2. Viel wichtiger als von der Bevölkerung ungeliebte Gebietsreformen ist eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Städte. Bei diesem zentralen Thema gab es zwar durch die in 2018 vorgenommene Novellierung des kommunalen Finanzausgleichs Fortschritte, jedoch bleiben die hohen Defizite in den Sozialetats der kreisfreien Städte weiterhin bestehen. Der Schuldenberg der Städte verbleibt in – auch im Bundesvergleich – schwindelerregenden Höhen. Eine Kommunal- und Verwaltungsreform kann weder die strukturellen Unwuchten in den Sozialtetats erfolgreich adressieren, noch kann sie einen substanziellen Beitrag zum Abbau der Altschulden leisten. Dies ist nur über spürbare und vom Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz seit Jahren geforderte Erhöhungen von Landesleistungen im kommunalen Finanzausgleich möglich bzw. über ein neues Entschuldungsprogramm, wie es die kommunalen Spitzenverbände seit langem fordern.
Autor: Fabian Kirsch, Michael Mätzig Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel