Kommunale Selbstverwaltung

  1. Die Reformansätze des Gutachtens lassen einen weiteren wichtigen Aspekt von kommunalem Leben nahezu völlig außer Acht: Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Der Fokus auf Vergrößerung von kommunalen Einheiten und der Denkansatz, dass Größe gleichzusetzen ist mit Qualität sind der Grund hierfür. Eine Fokussierung auf betriebswirtschaftliche Betrachtungen mit zweifelhaften Ergebnissen trägt hierzu bei (zu den fiskalischen Aspekten s. u.). Kommunale Selbstverwaltung ist aber eine Rechtsgarantie mit Verfassungsrang. Sie zu leben und zu stärken ist Aufgabe der Gesetzgebungsorgane in Land und Bund. Nirgendwo haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, unmittelbarer auf die Lebensbedingungen in ihrem Umfeld Einfluss zu nehmen als in ihren Städten und Dörfern. Dort sind Demokratie und Mitbestimmung keine inhaltsleeren Begriffe, weil sie tagtäglich mit Leben erfüllt werden. Deswegen ist der Idealtypus der Gemeinde eine solche, in der alle kommunalen Entscheidungen aus einer Hand getroffen werden. Beklagt wird allerorten eine fehlende Verwurzelung der Menschen in ihrer Heimat und zurückgehendes ehrenamtliches Engagement. Wie eine Vergrößerung von Kommunen und eine weitere Auffächerung von kommunalen Kompetenzen hier Abhilfe schaffen soll bleibt unklar. Dabei wird der Fokus beim Thema Heimat bisweilen zu einseitig auf den ländlichen Raum gerichtet – gerade so, als ob Heimat mit dörflichen Strukturen einherginge. Dabei sind gerade Städte die Heimat und Ort des Einbringens in das kommunale Leben für mehr als ein Drittel der Menschen in Rheinland-Pfalz.
  2. Städte nehmen zudem wichtige Funktionen für das Umland wahr, insbesondere in den Bereichen Bildung, Kultur und Sport. Der ländliche Raum orientiert sich in die Städte – nicht umgekehrt. Ziel einer jeden Reformbemühung muss daher eine Stärkung der städtischen Zentren sein, damit diese ihre wichtigen Funktionen weiterhin erfüllen können. Diese Stärkung darf nicht auf Kosten des kreisangehörigen Raumes geschehen. Kreisfreie Städte sind dabei geradezu idealtypische kommunale Gebietskörperschaften, da sie in echter Allzuständigkeit kommunale Aufgaben bündeln und so für ihre Bürgerinnen und Bürger die optimale Daseinsvorsorge leisten können.
Autor: Fabian Kirsch, Michael Mätzig Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel