Äußere Verbandstätigkeit

Vom politischen Gewicht her sicherlich bedeutsamer ist das unter dem Begriff „äußere Verbandstätigkeit“ zusammengefasste Aufgabenfeld der kommunalen Spitzenverbände. Dies gilt insbesondere für ihre Mitwirkung bei der Gesetzgebung und beim Gesetzesvollzug durch Anregungen, Vorschläge und Stellungnahmen gegenüber den zuständigen Staatsorganen, also gegenüber dem Landtag und der Landesregierung bzw. auf Bundesebene gegenüber Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Die äußere Verbandstätigkeit umfasst auch die Vertretung der kommunalen Belange in Verbänden und Organisationen, die sich mit Fragen und Problemen des öffentlichen Lebens befassen. Diese äußere Verbandstätigkeit strebt insbesondere an, den mit der Vorbereitung von Gesetzen und den mit dem Gesetzesvollzug befassten Staatsorganen die Verwaltungserfahrungen und Anliegen der kommunalen Gebietskörperschaften nahe zu bringen. Hierbei ist zu beachten, dass rund Dreiviertel aller gesetzlichen Regelungen von Kommunalverwaltungen vollzogen werden; das Know-how des Vollzugs liegt also eindeutig bei diesen Verwaltungsstellen. Die Vermittlung dieses Erfahrungsschatzes wird über die kommunalen Spitzenverbände den Ministerien sowie dem Parlament in Form von Stellungnahmen zugeleitet, damit diese kommunalen Erfahrungen dort nutzbar gemacht werden können.

Zur Verwirklichung der staatspolitischen Ziele sind sowohl der Bund als auch die Länder auf die Mitwirkungsbereitschaft der kommunalen Seite insbesondere dort angewiesen, wo Recht und Gesetz unmittelbare Einflussmöglichkeiten nicht gewähren. Moderner kooperativer Föderalismus schließt deshalb die kommunalen Gebietskörperschaften mit ein. Dies gilt insbesondere für solche gesamtstaatlichen Aufgaben, die nur mit Hilfe koordinierter Planung vor Ort bewältigt werden können. Im Laufe der Jahre hat sich deshalb zwischen dem Bund und den Ländern einerseits und den Kommunen andererseits ein dichtes Netz unmittelbarer Verflechtungen entwickelt. In eine Vielzahl von Gremien und Institutionen, die ein solches Zusammenwirken zum Ziel haben, entsenden die kommunalen Spitzenverbände ihre Vertreterinnen und Vertreter. Dies gilt sowohl für die Bundes- als auch für die Landesebene, wo eine Mitwirkung in fast allen Beiräten und Gremien erfolgt, die in irgendeiner Weise zu den kommunalen Gebietskörperschaften und deren Aufgaben Bezug haben. Auch auf europäischer Ebene finden die Anliegen der Kommunen zunehmend Gehör, insbesondere dort, wo sie unmittelbar in die Arbeit eingebunden sind.

Die Mitwirkung bzw. Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände ist auch entsprechend gesetzlich verankert. So ist in der Gemeindeordnung und in der Landkreisordnung Rheinland-Pfalz (s. § 129 GemO, § 72 LKO) festgelegt, dass die Landesregierung und die obersten Landesbehörden Entwürfe von Rechtsvorschriften, die die Belange der kommunalen Selbstverwaltung berühren, sowie die Entwürfe von allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die wichtige Belange der kommunalen Selbstverwaltung unmittelbar betreffen, mit den kommunalen Spitzenverbänden in geeigneter Form rechtzeitig zu erörtern haben. Entsprechende Bestimmungen enthalten die Geschäftsordnungen der Landesregierung und des Landtags Rheinland-Pfalz sowie des Bundestages und der Bundesregierung. Auch in anderen Bundesländern sind ähnliche Regelungen vorhanden, die gegenüber Landtag und Landesregierung ein solches Anhörungs- und z. T. auch Erörterungsrecht für die kommunalen Spitzenverbände festschreiben.

Darüber hinaus gibt es noch spezielle gesetzliche Beteiligungsregelungen, wie z. B. im Beamtenrecht, und seit dem Jahre 2001 auch im Bereich des kommunalen Finanzausgleichs durch die „Finanzausgleichskommission“ des Landes Rheinland-Pfalz. Diese hat insbesondere die Aufgabe, die Grundlagen für einen aufgabengerechten vertikalen Finanzausgleich unter Berücksichtigung der Gleichrangigkeit der Aufgaben sowie der Leistungsfähigkeit des Landes und der kommunalen Gebietskörperschaften nachvollziehbar zu ermitteln. Die paritätisch durch kommunale Spitzenverbände und Landesvertreterinnen und -vertreter besetzte Kommission soll Entwicklungen bewerten, Vorschläge erarbeiten und dem Landtag und der Landesregierung Empfehlungen unterbreiten.

Am 2. März 2006 ist das Konnexitätsausführungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz in Kraft getreten, welches das prozedurale Verfahren eines Mehrbelastungsausgleichs bei der Übertragung neuer Aufgaben bzw. Finanzierungsverpflichtungen im Land regelt. Entsprechende Regelungsentwürfe der Landesregierung und der Landesbehörden hat das jeweils zuständige Ministerium mit den kommunalen Spitzenverbänden in geeigneter Form rechtzeitig zu erörtern. Vielfach verständigt man sich auch auf eine Evaluation der getroffenen Verhandlungsergebnisse auf der Grundlage erster Erfahrungen.

Die hier näher konkretisierte „äußere Verbandstätigkeit“ der kommunalen Spitzenverbände hat auch die Aufgabe, die kommunale Selbstverwaltung und die Kenntnis über ihre Funktionen, Ziele, Einrichtungen und Probleme in der Öffentlichkeit zu fördern. Dies erfolgt u. a. durch entsprechende Informationen und Publikationen und auch durch periodisch erscheinende Zeitschriften und Veröffentlichungsreihen. Auch die Pressearbeit der kommunalen Spitzenverbände dient diesem Ziel, wobei sich diese zuweilen auch über die Arbeitsgemeinschaft gemeinsam äußern.

In den Bereich der äußeren Verbandstätigkeit gehört auch die Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände im „Kommunalen Rat“ des Landes Rheinland-Pfalz, der 1995 geschaffen wurde und der die Landesregierung in allen Angelegenheiten, die für die kommunalen Gebietskörperschaften von Bedeutung sind, berät und hierzu Empfehlungen an Landtag und Landesregierung richtet. Der „Kommunale Rat“ hat insgesamt 28 Mitglieder. Jeder kommunale Spitzenverband entsendet je neun Mitglieder, ein Vertreter des Innenministeriums führt den Vorsitz ohne Stimmrecht. Die kommunalen Spitzenverbände haben den „Kommunalen Rat“ zwar als Gremium gemeinsamer Diskussion durchaus positiv bewertet, würden sich aber eine stärkere politische Beachtung, Effizienz und Durchschlagskraft desselben wünschen.

Autor: Dr. Daniela Franke Drucken voriges Kapitel