Interkommunale Zusammenarbeit (Absatz 3)

Nach den Ausführungen des Bundesministeriums der Finanzen in seinem Schreiben vom 16. Dezember 2016 gilt: „Fälle der Zusammenarbeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, bei denen keine größeren Wettbewerbsverzerrungen entstehen, beschreibt § 2 b Abs. 3 UStG. Danach sind größere Wettbewerbsverzerrungen insbesondere dann auszuschließen, wenn die betroffenen Leistungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts ausgetauscht werden und dabei die Leistungen entweder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von diesen erbracht werden dürfen oder deren Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt wird. Diese Vorschrift geht damit auf die spezifischen Bedürfnisse der interkommunalen Zusammenarbeit ein.“ Konkrete und umfangreiche Ausführungen mit vielen Beispielen zu den entsprechenden Begrifflichkeiten finden sich im BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2016, Randnummern 40 bis 54.

Grundsätzlich hat § 2 b Abs. 3 Nr. 1 UStG, wonach die Leistungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden dürfen, eher deklaratorischen Charakter, da gerade der Leistungsbereich zwischen jPdöR klassische hoheitliche Aufgaben bzw. Leistungen der Daseinsvorsorge abdeckt. Diese Leistungen sind privaten Unternehmen gerade aufgrund des gesetzlichen Vorbehalts verwehrt, sodass daher vorweg der Ausschluss von größeren Wettbewerbsverzerrungen gegeben ist.

Auch die Leistungserbringung einer Verbandsgemeindeverwaltung an ihre Ortsgemeinden im Rahmen des § 68 Abs. 1 bis 5 GemO ist letztlich nach § 2 b Abs. 3 UStG zu bewerten. Regelmäßig dürfte dabei der Tatbestand "darf nur durch juristische Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden" erfüllt sein, insbesondere in den Fällen des § 68 Abs. 1 bis 4 GemO. Für die Fälle nach Abs. 5 scheint dagegen noch eine vertiefte Prüfung und abschließende Bewertung erforderlich.

Hingegen bestimmt § 2 b Abs. 3 Nr. 2 UStG, dass ebenfalls keine größeren Wettbewerbsverzerrungen vorliegen, wenn die Zusammenarbeit öffentlicher Einrichtungen durch gemeinsame spezifisch öffentliche Interessen bestimmt ist. Davon ist auszugehen, wenn die in den Buchstaben a) bis d) aufgeführten Voraussetzungen kumulativ vorliegen.

So müssen z. B. die öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen langfristig angelegt sein. Das Tatbestandsmerkmal der „Langfristigkeit“ ist im Schreiben des BMF vom 16. Dezember 2016 wie folgt umschrieben: „Ob eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung als langfristig anzusehen ist, ist eher eine qualitative als eine quantitative Frage, die ex ante zu beantworten ist. Ein Vertrag, der der Sicherstellung der Erreichung gemeinsamer Ziele dient, ist qualitativ auf Langfristigkeit ausgerichtet. Trotz der vorzunehmenden qualitativen Betrachtung, können zeitliche Aspekte nicht völlig außer Acht gelassen werden. Das Kriterium der Langfristigkeit ist daher stets erfüllt, wenn die Vereinbarung auf unbestimmte Zeit geschlossen wird. Bei befristeten Vereinbarungen kann das Kriterium der Langfristigkeit erfüllt sein. So ist regelmäßig von einer langfristigen Vereinbarung auszugehen, wenn diese für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren geschlossen wird. Kürzere Zeiträume sind möglich, wenn dies nach der Art der Tätigkeit üblich ist.“
Innerhalb der Nummer 2 werden jedoch eine Vielzahl von Begrifflichkeiten genannt, die bislang gesetzlich nicht geregelt sind, z.B. „langfristig“, „Kosten“, „gleichartige Leistungen“, „im Wesentlichen“. Diese sind zwar u. a. Bestandteil der oben genannten Randnummern 40 bis 54 des BMF-Schreibens, sie bedürfen aber in Zukunft in einigen Fallkonstellationen sicherlich der weiteren Auslegung durch die Finanzgerichtsbarkeit.

Die nachstehenden beiden Beispiele sollen dies verdeutlichen:

  1. Der Gemeinde A wird auf der Grundlage einer langfristigen öffentlichen-rechtlichen Vereinbarung die vollständige Aufgabenwahrnehmung für den Bereich des Bauhofs der Gemeinde B übertragen. Bisher wurde diese Aufgabe ausschließlich durch Gemeinde B erfüllt. Der Erhalt der Funktionsfähigkeit der kommunalen Anlagen, wozu je nach Gemeindegröße auch ein eigenständiger Bauhof gehört, ist eine beiden Gemeinden obliegende öffentliche Aufgabe. Sofern nunmehr die Aufgabenübernahme und Aufgabenwahrnehmung in Gänze durch Gemeinde A erfolgen soll, dient dies dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur. Es liegt somit eine nicht steuerbare kommunale Zusammenarbeit nach § 2 b Abs. 3 Nr. 2 vor.

    Eine Abwandlung zu obigem Beispiel:

    Die kommunale Zusammenarbeit der Gemeinden A und B im Bereich des Bauhofs beschränkt sich nur auf die Übernahme einzelner Dienstleistungen wie beispielsweise Grünpflegearbeiten und Sanierungsmaßnahmen für einen Teilbereich von Straßen. Dies wird allerdings auch von entsprechenden privaten Unternehmen angeboten. In diesem Fall dienen die Leistungen nicht der Aufgabenerfüllung im Ganzen, sondern lediglich eines Teilbereichs/einer Hilfstätigkeit. Durch die nur teilweise Aufgabenübertragung wird nicht die Aufgabenwahrnehmung als solche sichergestellt. Folglich liegt auch kein nach § 2 b Abs. 3 Nr. 2 UStG begünstigter Fall vor, für die Dienstleistungen ist uneingeschränkt § 2 Abs. 2 UStG mit allen Folgen anzuwenden.

  2. Die Gemeinde betreibt ein Schwimmbad, das zu gleichen Teilen zum Schul-schwimmen der eigenen Grund- und Mittelschule, zum privatrechtlich organisierten öffentlichen Badebetrieb gegen Entgelt und zum Schulschwimmen der Nachbargemeinde gegen Kostenerstattung genutzt wird.

    Die Nutzung durch die eigene Schule ist eine hoheitliche, nichtunternehmerische Nutzung. Der öffentliche Badebetrieb ist unternehmerische Nutzung, weil er privatrechtlich organisiert ist. Auch die Leistung an die Nachbargemeinde wäre als unternehmerische Tätigkeit zu qualifizieren, weil die Gemeinde im Bereich des Schwimmbads durch den öffentlichen Badebetrieb, nicht nur im Wesentlichen Leistungen an andere Personen des öffentlichen Rechts, sondern auch an Privatpersonen erbringt (§ 2 b Abs. 3 Ziff. 2 d UStG).
Autor: Michael Mätzig Drucken voriges Kapitel