Mandatssicherung

Art. 59 Abs. 1 LV gewährleistet einerseits das Recht auf Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und begründet andererseits einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf die zur Ausübung des übertragenen öffentlichen Ehrenamtes benötigte Freizeit. Adressaten sind die Personen, die in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen. Hierzu zählen sowohl die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse (insbesondere gemäß § 3 Abs. 1 BeamtStG das Beamtenverhältnis) als auch die privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse. Die Vorschrift richtet sich an öffentliche Dienstherren/Arbeitgeber hinsichtlich der dort beschäftigten Beamten und Arbeitnehmer, bindet aber auch die privaten Arbeitgeber.

Ratsmitglieder gehören zu den Adressaten dieser verfassungsmäßigen Rechte. Die nähere Ausgestaltung ist durch § 18 a GemO erfolgt. Hierbei handelt es sich um Schutzvorschriften, die einerseits auf die kommunalen Ehrenämter, zu denen auch das Ratsmandat zählt, im allgemeinen abzielen und die darüber hinaus für die Ratsmitglieder sowie für die ehrenamtlichen Bürgermeister, Beigeordneten und Ortsvorsteher besondere Rechte gewährleisten. Zunächst sind die Vorschriften über den allgemeinen Schutz vor Behinderung der Bewerbung sowie der Annahme und Ausübung des Ehrenamtes, also auch des Ratsmandats, zu nennen (§ 18 a Abs. 1 GemO). Der Schutz der Bewerbung um ein Ratsmandat beginnt mit dem in den kommunalwahlrechtlichen Vorschriften vorgeschriebenen Verfahren zur Aufstellung von Wahlvorschlägen.

Der Inhaber eines Ehrenamtes, der in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis steht, darf gemäß § 18 a Abs. 2 GemO nicht aus diesem Grund entlassen, gekündigt oder in eine andere Gemeinde versetzt werden. Es muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der Ausübung des Ehrenamtes und der gegen den Willen des Betroffenen erfolgten Personal- bzw. Organisationsentscheidung bestehen. Dem Betroffenen obliegt die Beweislast. Über diese Schutzwirkung hinaus gilt für Ratsmitglieder, ehrenamtliche Bürgermeister und Beigeordnete sowie Ortsvorsteher gemäß § 18 a Abs. 4 GemO ein absoluter Kündigungsschutz. Auf einen Zusammenhang zwischen Kündigung und Ratsmandat kommt es nicht an. Die landesrechtliche Vorschrift des § 18 a Abs. 4 GemO ist nur auf Arbeitsverhältnisse anwendbar, die innerhalb von Rheinland-Pfalz ausgeübt werden. Eine entgegen dem Kündigungsverbot erfolgte Kündigung ist gemäß § 134 BGB unwirksam, da sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.

Das Gesetz lässt jedoch solche Kündigungen zu, die unter den Voraussetzungen einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung (§ 626 BGB) oder während der Probezeit erfolgen. Nach den entsprechend anzuwendenden Vorschriften des § 15 Abs. 4 und 5 KSchG ist eine Kündigung im Fall der Stilllegung eines Betriebs oder einer Betriebsabteilung frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung zulässig, es sei denn, dass die Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Der Kündigungsschutz gilt nicht nur für die Inhaber eines Ratsmandats, sondern auch für alle Kandidaten eines Wahlvorschlags bis zur Gesamtzahl der zu wählenden Ratsmitglieder, die sich nach § 29 Abs. 2 GemO unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl (vgl. § 130 GemO) der Gemeinde bestimmt. Er beginnt mit dem Eingang des Wahlvorschlags beim Wahlleiter. Die Schutzwirkung endet für die nicht gewählten Kandidaten mit der Feststellung des Wahlergebnisses, für die gewählten Ratsmitglieder gilt sie bis zum Ende der Wahlzeit bzw. bis zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Gemeinderat fort. Ratsmitglieder genießen nach § 18 a Abs. 3 GemO auch insoweit einen weitergehenden Schutz, als eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, auch wenn dieser in derselben Betriebsstätte angeboten wird, also nicht im Rahmen einer Versetzung in eine andere Gemeinde erfolgt, nur mit ihrer Zustimmung zulässig ist. Eine Umsetzung ist allerdings ausnahmsweise auch ohne Zustimmung des Ratsmitgliedes möglich, wenn es aus zwingenden betrieblichen Gründen dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, den Arbeitnehmer auf dem bisherigen Arbeitsplatz zu belassen. Dass zwingende betriebliche Erfordernisse bzw. Gründe vorliegen, die eine Kündigung bzw. eine Umsetzung ausnahmsweise rechtfertigen, ist vom Arbeitgeber nachzuweisen.

Ratsmitglieder haben als Inhaber eines Ehrenamtes gemäß § 18 a Abs. 5 GemO gegenüber ihrem Arbeitgeber einen materiellen Anspruch auf Freistellung zur Ausübung des Mandats. Die notwendige freie Zeit besteht in dem Umfang, in dem eine zeitlich festgelegte Arbeits- und Dienstleistungspflicht mit einer zeitlich festgelegten Tätigkeit, die zur Mandatsausübung gehört, zeitgleich zusammentrifft. Die Mandatsausübung erfolgt nicht nur in Ratssitzungen, sondern auch in Fraktionssitzungen, die der Vorbereitung von Ratssitzungen dienen. Grundsätzlich fällt die Teilnahme an repräsentativen Veranstaltungen der Gemeinde (z. B. die Teilnahme an einer Reise, die dem Besuch der Partnergemeinde dient) nicht hierunter.

Spezielle Regelungen über die Gewährung von Freizeit für die Wahrnehmung des kommunalen Mandats für die im öffentlichen Dienst Beschäftigten ergeben sich aus dem Beamtenrecht, dem Soldatengesetz bzw. aus Tarifverträgen. Die Freistellung erfolgt hier in der Regel unter Fortzahlung der Dienstbezüge. Die in der Privatwirtschaft Beschäftigten haben einen Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls, wenn ihnen wegen der Mandatsausübung ihre Dienstbezüge gekürzt werden (vgl. § 18 Abs. 4 GemO).

Ratsmitgliedern steht gemäß § 18 a Abs. 6 GemO Sonderurlaub zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Ehrenamtes bis zu fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr zu. Die Veranstaltungen müssen eine für die Mandatsausübung förderliche Wissensvermittlung zum Ziel haben. Die von der Kommunal-Akademie Rheinland-Pfalz e. V. in Kooperation mit der Hochschule für öffentliche Verwaltung angebotenen Fortbildungsseminare für die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker erfüllen diese Voraussetzung. Insbesondere den Beschäftigten außerhalb des öffentlichen Dienstes soll durch die Begründung eines Anspruchs auf Freistellung die Möglichkeit zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen eröffnet werden. Soweit die Freistellung unter Wegfall der Dienstbezüge erfolgt, ist die Gemeinde zum Ersatz des Verdienstausfalls verpflichtet.

Autor: Helmut Lukas, Ralf Schmorleiz Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel