Pflicht zur Aussetzung

Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet den Bürgermeister, das ihm gesetzlich verliehene Recht auszuüben. Auch wenn die Aussetzung eines Beschlusses den Bürgermeister fast zwangsläufig in eine Konfliktlage mit dem Gemeinderat bringt, darf er unter Opportunitätsgesichtspunkten hiervon nicht absehen.

Der Bürgermeister hat solche Beschlüsse auszusetzen, die nach seiner Ansicht rechtswidrig sind. Die persönliche Überzeugung, dass dies der Fall ist, reicht jedoch alleine nicht aus. Voraussetzung ist, dass der Beschluss bei objektiver rechtlicher Würdigung geltendes Recht verletzt. Dass dies nach "Ansicht des Bürgermeisters" der Fall sein muss, bedeutet lediglich, dass die Pflicht zur Aussetzung nur dann einsetzt, wenn er (subjektiv) die Rechtswidrigkeit auch erkennt.

Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung erfüllt sind und der Bürgermeister die Rechtswidrigkeit erkennt, hat er die Ausführung des Beschlusses auszusetzen. Unterlässt er dies, ist hierin eine Verletzung seiner beamtenrechtlichen Pflicht zum rechtmäßigen Handeln zu sehen (§ 36 Abs. 1 Satz. 1 BeamtStG). Eine schuldhafte Verletzung dieser Dienstpflicht, stellt gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG ein Dienstvergehen dar, das mit disziplinarischen Maßnahmen geahndet werden kann. Schuldhaft verhält sich der Bürgermeister, wenn er den rechtswidrigen Beschluss ausführt, obwohl er die Rechtswidrigkeit erkannt hat oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen müssen. An einen hauptamtlich bestellten Bürgermeister sind hinsichtlich des Erkennens eines Rechtsverstoßes strengere Anforderungen zu stellen, als an einen ehrenamtlich tätigen Ortsbürgermeister. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass der hauptamtliche Bürgermeister auch auf die Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der von ihm geleiteten Verwaltung zurückgreifen kann. Verletzt der Bürgermeister die Dienstpflicht zum rechtmäßigen Handeln in grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Weise, kann er darüber hinaus gemäß § 48 Abs. 1 BeamtStG zum Schadensersatz gegenüber der Gemeinde herangezogen werden. Dies gilt auch für den Bürgermeister der Verbandsgemeinde im Verhältnis zur Ortsgemeinde. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn der Bürgermeister sich eine völlig abwegige Rechtsauffassung zu eigen macht. Dass der Gemeinderat mit seinem Beschluss die Grundlage für die rechtswidrige zum Schaden führende Handlung geschaffen hat, stellt einen Mitverursachungsbeitrag dar, der zur Entlastung des Bürgermeisters im Sinne einer Haftungsbeschränkung führen kann.

Autor: Helmut Lukas, Ralf Schmorleiz Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel