Prüfung und Wertung der Angebote

Die Prüfung und Wertung der Angebote (§ 16 VOB/A, § 16 VOL/A, §§ 41 ff. UVgO) durch den öffentlichen Auftraggeber erfolgt in vier Stufen: Formale Prüfung, Eignungsprüfung, Angemessenheit der Preise und wirtschaftliche Prüfung.

  1. Formalprüfung
    Hier werden nicht rechtzeitig eingegangene bzw. formell fehlerhafte Angebote ausgeschieden, so z. B. Angebote, für deren Wertung wesentliche Preisangaben fehlen, Angebote, die nicht unterschrieben sind, Angebote, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen worden sind, sowie Nebenangebote und Änderungsvorschläge, soweit der Auftraggeber diese ausgeschlossen hat. Bei den genannten Gründen handelt es sich um zwingende Ausschlussgründe.
    Darüber hinaus können fakultativ ausgeschlossen werden: z. B. Angebote von Bietern, bei denen ein Insolvenzverfahren eröffnet oder beantragt worden ist (§ 16 II Nr. 1 VOB/A), sowie Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden können (§ 16 II Nr. 3 VOL/A).
    Auch bei der Prüfung und Wertung müssen alle Bieter gleichbehandelt werden. Die Prüfung und Wertung ist in allen Stufen zu dokumentieren.
  2. Eignungsprüfung
    Grundsätzlich ist die Eignung der Bieter zu prüfen. Dies erfolgt anhand der geforderten Nachweise und Erklärungen. Geprüft wird damit die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Bei der Beschränkten Ausschreibung und Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb erfolgt dies vor der Angebotsaufforderung. Ein nachträglicher Ausschluss wegen Eignungsmängeln ist nicht möglich.
  3. Angemessenheit der Preise
    Die Angemessenheit (Auskömmlichkeit/Wirtschaftlichkeit) der Angebote ist stets zu prüfen. Unangemessen niedrige und unangemessen hohe Angebote sind auszuschließen. Der Auftraggeber hat im Zweifel die Kalkulationsunterlagen anzufordern und die Angemessenheit der Angebote zu prüfen (§ 16 d Abs. 1 VOB/A). Die Kalkulationsgrundlagen des Anbieters und die selbst erstellte Kostenschätzung sind die belastbaren Unterlagen. Die Grenze, ab welcher Angebote als unwirtschaftlich einzustufen sind, ist nicht definiert. Aber nur bei einer wirklich belastbaren Kostenschätzung wird der entsprechende Nachweis gelingen.
  4. Das wirtschaftlichste Angebot
    Abschließend ist unter den in die engere Wahl gekommenen Angeboten das wirtschaftlichste Angebot auszuwählen. Nicht das billigste, sondern das wirtschaftlichste Angebot! Die Kriterien der Auftragsvergabe beziehen sich nicht ausschließlich auf den Preis, sondern auch auf qualitative Kriterien, soweit sie bekannt gemacht wurden (s. o.). Das wirtschaftlichste Angebot wird somit zur Auftragsvergabe vorgeschlagen.
  5. Die Auftragsvergabe (Zuschlag)
    Der Auftrag oder Vertrag erfolgt schriftlich (§ 49 GemO).
    Der Vergabevorschlag (s. o.) wird in der Regel einem politischen Gremium zum „Beschluss“ vorgelegt. Ist die Prüfung und Wertung rechtskonform erstellt, kann aber eine vom Vergabevorschlag abweichende Entscheidung nicht getroffen werden. Es sei denn, vergaberechtliche Gründe sprechen dafür.
    Bei allen Auftragsvergaben oberhalb der EU-Schwelle muss der Auftraggeber (§ 134 GWB) alle Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, und über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots informieren. Hierfür gilt es, die dort vorgesehenen strengen Form- und Fristvorschriften zu beachten. Ein Vertrag darf vor Ablauf der Frist nicht geschlossen werden. Ein dennoch abgeschlossener Vertrag ist gemäß § 13 Satz 6 VgV nichtig! Eine analoge Vorgehensweise soll durch Rechtsverordnung in Kürze auch für die Vergaben unterhalb der EU-Schwelle eingeführt werden.
  6. Aufhebung der Ausschreibung
    Das Vergabeverfahren wird im Regelfall mit der Erteilung des Zuschlages beendet. Weiterhin hat der Auftraggeber unter den in § 17 VOL/A und § 17 VOB/A 2009 geregelten Voraussetzungen die Möglichkeit, das Ausschreibungsverfahren bei Vorliegen der dort genannten Gründe aufzuheben. Aber auch die Aufhebung einer Ausschreibung ist im Nachprüfungsverfahren überprüfbar (Ziff. 12). Liegt kein rechtlicher Aufhebungsgrund vor, kann sich gleichfalls eine Schadensersatzpflicht an alle Bieter ergeben.
Autor: Klaus Faßnacht Drucken voriges Kapitel