VV zu § 40 GemO

1.
Die Regel des Absatzes 1 Satz 1, wonach Beschlüsse des Gemeinderats der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Ratsmitglieder bedürfen, gilt für alle Beschlüsse, gleichgültig nach welcher Rechtsvorschrift die Beschlussfassung durch den Gemeinderat zu erfolgen hat. Sie gilt nur dann nicht, wenn eine Gesetz ausdrücklich entweder eine andere Mehrheit (z. B. ein Viertel, ein Drittel, zwei Drittel) oder eine andere Bezugsgröße (gesetzliche Zahl der Ratsmitglieder) vorschreibt. In der Gemeindeordnung sind folgende von der Regel des Absatzes 1 Satz 1 abweichende Mehrheiten festgelegt:

a) Zwei Drittel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder:
§ 23 Abs. 2 – Entziehung des Ehrenbürgerrechts,
§ 37 Abs. 1 – Beschlussfassung über die Geschäftsordnung,
§ 40 Abs. 1 – Festlegung der geheimen Abstimmung,
§ 53 a Abs. 5 – Verzicht auf die Ausschreibung der Stelle des hauptamtlichen Beigeordneten,
§ 55 Abs. 1 – Beschlussfassung über die Einleitung des Verfahrens zur Abwahl des hauptamtlichen Bürgermeisters,
§ 55 Abs. 2 – Abwahl eines hauptamtlichen Beigeordneten,
§ 66 Abs. 1 – Verlegung des Sitzes der Verbandsgemeindeverwaltung,
§ 67 Abs. 2 – Entscheidung des Verbandsgemeinderats über den Flächennutzungsplan ohne Zustimmung der Ortsgemeinden,
§ 67 Abs. 6 – Rückübertragung von Aufgaben auf Ortsgemeinden,
§ 78 Abs. 3 – Erlass von Ansprüchen der Gemeinde gegen Bürgermeister, Beigeordnete und Ratsmitglieder,
§ 111 Abs. 3 – Entziehung der Leitung des Rechnungsprüfungsamts gegen den Willen des Beamten.

b) Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder:
§ 16 Abs. 1 – Verlangen auf Einberufung einer Einwohnerversammlung,
§ 25 Abs. 2 – Beschlussfassung über die Hauptsatzung,
§ 45 Abs. 1 – Wahl der Ausschussmitglieder bei nur einem Wahlvorschlag,
§ 73 Abs. 1, 2 – Umwandlung einer Verbandsgemeinde zu einer verbandsfreien Gemeinde.

c) Zwei Drittel der anwesenden Ratsmitglieder:
§ 34 Abs. 7 – Ergänzung der Tagesordnung bei Dringlichkeit, Absetzen einzelner Beratungsgegenstände von der Tagesordnung.

Für besondere Antragsrechte gelten folgende Mindestzahlen:

a) Mindestens die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder:
§ 55 Abs. 1 – Antrag auf Einleitung des Verfahrens zur Abwahl des hauptamtlichen Bürgermeisters,
§ 55 Abs. 2 – Antrag auf Abwahl eines hauptamtlichen Beigeordneten.

b) Ein Drittel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder:
§ 23 Abs. 2 – Antrag auf Entziehung des Ehrenbürgerrechts.

c) Ein Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder:
§ 34 Abs. 1 – Verlangen auf Einberufung einer Ratssitzung,
§ 35 Abs. 2 – Antrag auf Anhörung von Sachverständigen und Vertretern berührter Bevölkerungsteile.

d) Ein Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder oder eine Fraktion:
§ 33 Abs. 3 – Antrag auf Unterrichtung des Gemeinderats, Antrag auf Akteneinsicht,
§ 34 Abs. 5 – Aufnahme eines Punktes in die Tagesordnung der nächsten Sitzung.
2.
Wahlen sind alle Beschlüsse des Gemeinderats, die die Auswahl oder Bestimmungen einer oder mehrerer Personen zum Gegenstand haben. Hierunter fallen nicht Beschlüsse nach § 47 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 und 2. Um eine Wahl handelt es sich auch dann, wenn der Gemeinderat anderen Stellen lediglich Personen zur Wahl oder Ernennung bzw. Bestellung vorschlägt, z. B. die Aufnahme in die Vorschlagsliste für Schöffen nach § 36 des Gerichtsverfassungsgesetzes oder der Vorschlag für die Ernennung einer Schiedsperson nach § 5 der Schiedsamtsordnung.
3.Bei der Feststellung der Stimmenmehrheit nach Absatz 3 Satz 1 ist die Zahl der anwesenden Ratsmitglieder maßgebend. Für Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen gilt ebenfalls Absatz 4.
4.Wird nur ein Bewerber vorgeschlagen, kann auch mit „Ja“ oder „Nein“ abgestimmt werden. Nein-Stimmen gelten in diesem Falle als gültige Gegenstimmen. Erhält der Bewerber nicht mehr als die Hälfte der Stimmen, so ist gemäß Absatz 3 Satz 2 die Wahl mit demselben Wahlvorschlag zu wiederholen. Erhält der Wahlvorschlag auch im zweiten Wahlgang nicht die erforderliche Mehrheit, ist er endgültig abgelehnt. Danach können Vorschläge für eine neue Wahl gemacht werden.
5.Werden zwei oder mehr Kandidaten vorgeschlagen, so sind auf „Nein“ lautende Stimmen ungültig.
6.1Eine Wahl ist ein Gesamtvorgang, der aus mehreren Verfahrensstufen bestehen kann. Solange noch kein endgültiges Ergebnis vorliegt, hat der Gemeinderat nach Abschluss einer Verfahrensstufe die Möglichkeit, das weitere Verfahren durch Verfahrensbeschlüsse zu bestimmen. Der Gemeinderat kann eine Unterbrechung der Sitzung für eine bestimmte Zeit, auch für mehrere Tage, oder eine Vertagung des weiteren Wahlverfahrens beschließen. Das Verfahren ist, bei einer Unterbrechung in der gleichen Sitzung, bei einer Vertagung in der nächsten Sitzung, in dem Stadium fortzusetzen, in dem es unterbrochen wurde.
6.2Ein Abbruch des Wahlverfahrens ist nur möglich, wenn der Gemeinderat mit der Mehrheit des § 34 Abs. 7 Satz 1 den Gegenstand „Wahl“ von der Tagesordnung absetzt. In diesem Fall kann das Wahlverfahren in einer nachfolgenden Sitzung des Gemeinderats unter einem neuen Tagesordnungspunkt neu beginnen.