VV zu § 93 GemO

1.
In § 93 Abs. 2 sowie in §§ 27, 30 bis 33 und 48 GemHVO wird auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung für Gemeinden in Rheinland-Pfalz (GoB-G) verwiesen. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Herleitung der GoB-G greift zum einen zurück auf die klassischen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), wie sie sich in der Literatur zum HGB finden. Einschlägige Rechtsquellen der klassischen GoB sind neben dem Handels- und Einkommensteuerrecht vor allem die Abgabenordnung sowie das GmbH- und das Aktiengesetz. Zum anderen gehören im Vergleich zu den klassischen GoB bestimmte Grundsätze gerade nicht zu den GoB-G; diese Unterschiede ergeben sich aus der besonderen Zielsetzung kommunalen Handelns.
2.
Wesentliche kommunale Buchführungsgrundsätze i. e. S.
2.1Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit

§ 28 Abs. 6 GemHVO (in Anlehnung an § 239 Abs. 2 HGB i. d. F. des Gesetzes vom 3. August 2005 (BGBl. I S. 2267) und § 146 Abs. 1 Satz 1 AO i. d. F. vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), zuletzt geändert durch Artikel 89 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586 mWv 1. September 2009), sowie § 28 Abs. 7 GemHVO (in Anlehnung an § 239 Abs. 3 HGB und § 146 Abs. 4 AO) bestimmen, dass in den Büchern der sachlich richtige Inhalt der Buchungsbelege wiedergegeben werden muss. Folge dieses Grundsatzes ist auch das Verbot von Scheinbuchungen und willkürlichen Buchungen.
2.2Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit

Gemäß § 28 Abs. 1, 3 und 11 sowie §§ 2, 4 und 47 GemHVO sind der Kontenplan, die Teilhaushalte und die Bilanz hinreichend tief zu gliedern. Der Inhalt der Geschäftsvorfälle ist verständlich darzustellen. Das Gegenkonto sowie das Datum der Buchung sind ebenfalls anzugeben. Die Buchungen sind fortlaufend zu dokumentieren.
2.2
Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit

Gemäß § 28 Abs. 1, 3 und 11 sowie §§ 2, 4 und 47 GemHVO sind der Kontenplan, die Teilhaushalte und die Bilanz hinreichend tief zu gliedern. Der Inhalt der Geschäftsvorfälle ist verständlich darzustellen. Das Gegenkonto sowie das Datum der Buchung sind ebenfalls anzugeben. Die Buchungen sind fortlaufend zu dokumentieren.
2.3Grundsatz der Vollständigkeit

Gemäß §§ 27 Abs. 2 und 28 Abs. 6 GemHVO (in Anlehnung an §§ 238 Abs. 1 Satz 1, 239 Abs. 2 HGB und § 146 Abs. 1 Satz 1 AO) sind die Bücher lückenlos zu führen. Jeder Geschäftsvorfall ist zu erfassen. Vom Grundsatz der Vollständigkeit ist ferner die Verrechnung der internen Leistungsbeziehungen sowie die Buchung der aktivierten Eigenleistungen umfasst.
2.4Grundsatz der Stetigkeit

Der Grundsatz der Stetigkeit ist in § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemHVO (in Anlehnung an § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB), § 43 Abs. 1 GemHVO (in Anlehnung an § 265 Abs. 1 HGB) und in § 48 Abs. 2 Nr. 2 GemHVO (in Anlehnung an § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) verankert. Nach diesen Vorschriften sollen Kontenplan und Konteninhalte beibehalten werden. Ebenso sollen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden beibehalten werden. Darüber hinaus müssen die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz mit jenen der Schlussbilanz des Vorjahres übereinstimmen; sie sind zudem als Anfangsbestand in der Bilanz zu Vergleichszwecken mit anzugeben. Der Grundsatz der Stetigkeit bezieht sich sinngemäß auch auf die Angaben im Anhang.
2.5Grundsatz der zeitgerechten Buchung

Gemäß § 28 Abs. 6 GemHVO (in Anlehnung an § 239 Abs. 2 HGB und § 146 Abs. 1 Satz 1 AO) sind Kassenvorgänge täglich zu buchen. Alle anderen Buchungen sind nach der Art des Geschäftsvorfalls und nach den Verhältnissen der Verwaltung zeitnah vorzunehmen. Die Verbuchung der Abschreibungen und internen Leistungsbeziehungen kann zum Jahresabschluss in einer Summe je Konto (anstelle von Quartals- oder Monatswerten o. ä.) erfolgen.
2.6Grundsatz der Belegbarkeit der Buchung

Gemäß § 28 Abs. 8 GemHVO (in weiter Anlehnung an § 257 Abs. 1 und 2 HGB) darf keine Buchung ohne den dazugehörigen Beleg erfolgen.
2.7Generalklausel

Zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung für Gemeinden zählt auch die in § 28 Abs. 1 und 2 GemHVO (in Anlehnung an § 238 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGB und § 145 Abs. 1 AO) enthaltene Generalklausel: "Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Finanzvorfälle und über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde vermitteln kann. Die Finanzvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen."

3.Wesentliche Grundsätze ordnungsmäßiger kommunaler Bilanzierung
3.1Vollständigkeitsgebot

Nach dem Vollständigkeitsgebot sind gemäß § 47 Abs. 1 GemHVO (in Anlehnung an § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB) in der Bilanz das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Sonderposten, die Rückstellungen, die Verbindlichkeiten sowie die Rechnungsabgrenzungsposten vollständig auszuweisen. Dies ist nur möglich, wenn zuvor die Erträge und Aufwendungen sowie die Einzahlungen und Auszahlungen in voller Höhe und entsprechend getrennt voneinander gebucht wurden (vgl. § 9 Abs. 1 GemHVO).

Mit dem Gebot der Vollständigkeit verbunden ist die Frage nach der Aktivierungsfähigkeit von Vermögensgegenständen, d. h. wann ein Vermögensgegenstand bei der Aufstellung einer Bilanz auf der Aktivseite berücksichtigt werden darf und muss. Die Grundsätze ordnungsmäßiger kommunaler Bilanzierung lehnen sich hier an die handelsrechtliche Konzeption des wirtschaftlichen Eigentums und der selbstständigen Verwertbarkeit an (vgl. § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB sowie § 39 Abs. 2 AO).

3.1.1Wirtschaftliches Eigentum

Hinsichtlich der Bilanzierungsfähigkeit auf der Aktivseite ist die wirtschaftliche, nicht die zivilrechtliche Betrachtungsweise maßgebend. Grundsätzlich ist ein Vermögensgegenstand bei demjenigen zu bilanzieren, der das wirtschaftliche Eigentum an dem Vermögensgegenstand inne hat (in Anlehnung an § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Wirtschaftlicher Eigentümer ist derjenige, der die tatsächliche Sachherrschaft über einen Vermögensgegenstand ausübt. Die tatsächliche Sachherrschaft über den Vermögensgegenstand hat in der Regel derjenige, bei dem Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten der Sache liegen. Dies schließt die Möglichkeit des wirtschaftlichen Eigentümers ein, den zivilrechtlichen Eigentümer wirtschaftlich auf Dauer von der Einwirkung ausschließen zu können (in Anlehnung an § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Der zivilrechtliche Eigentümer hat dann keinen oder nur einen praktisch bedeutungslosen Herausgabeanspruch gegenüber dem wirtschaftlichen Eigentümer. Der Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers von der Sachherrschaft muss dabei für die gewöhnliche Nutzungsdauer des betreffenden Vermögensgegenstandes gegeben sein. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Weitgehende Verfügungsmöglichkeiten allein begründen aber noch kein wirtschaftliches Eigentum. Zur Beantwortung dieser Fragen ist regelmäßig die Prüfung der entsprechenden Vereinbarungen im Einzelfall erforderlich.

Wirtschaftliches und zivilrechtliches Eigentum können u. a. divergieren bei Treuhandverhältnissen, Leasing, Pensionsgeschäften, Bauten auf Grundstücken Dritter oder unberechtigtem Besitz
 3.1.2Selbstständige Verwertbarkeit

Die handelsrechtliche - anders als die steuerrechtliche - Aktivierungskonzeption stellt mit Festlegung des Kriteriums "selbstständige Verwertbarkeit" auf die Schuldendeckungsfähigkeit von Vermögensgegenständen ab. Danach muss ein Vermögensgegenstand ein wirtschaftlich nutzbares Potenzial zur Deckung von Schulden der Gemeinde darstellen. Eine selbstständige Verwertbarkeit liegt dann vor, wenn ein Vermögensgegenstand

- durch Veräußerung,
- durch Einräumung eines Nutzungsrechtes,
- durch bedingten Verzicht oder
- im Wege der Zwangsvollstreckung

in Geld transformiert werden kann.
3.2Grundsatz zeitgerechter Bilanzierung
3.2.1 Grundsatz zeitgerechter Bilanzaufstellung

Die Gemeinden haben ihre Bilanzen im Rahmen der kommunalen Doppik zu bestimmten Zeitpunkten aufzustellen: Zum 1. Januar des Haushaltsjahres, in dem die Rechnungsführung auf die Regeln der doppelten Buchführung umgestellt wird (sog. Eröffnungsbilanzstichtag) und jeweils zum 31. Dezember eines Haushaltsjahres (sog. Abschlussstichtag), vgl. Artikel 8 § 2 KomDoppikLG vom 2. März 2006 (GVBl. S. 57), BS 2020-1a, und § 108.
3.2.2Stichtagsprinzip

Das Stichtagsprinzip gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GemHVO (in Anlehnung an § 242 Abs. 1 HGB) besagt, dass bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden jeweils auf diesen Bilanzierungszeitpunkt abzustellen ist. Alle für die Bilanzierung relevanten Sachverhalte, die bis zum Abschlussstichtag eintreten, sind in der Bilanz zu berücksichtigen. Werden solche Sachverhalte, die schon zum Bilanzstichtag verursacht waren, erst nachträglich - d. h. im Zeitraum zwischen Stichtag und Aufstellung der Bilanz - bekannt, sind sie dennoch in der Bilanz zu berücksichtigen (sog. wertaufhellende Tatsachen). Alle nach dem Bilanzstichtag liegenden Ereignisse bleiben jedoch grundsätzlich unberücksichtigt (sog. wertbeeinflussende Tatsachen).
3.2.3Periodisierungsprinzip

Das Periodisierungsprinzip nach § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GemHVO (in Anlehnung an § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) besagt, dass im Ergebnishaushalt Aufwendungen und Erträge des Haushaltsjahres unabhängig von den Zahlungszeitpunkten zu berücksichtigen sind. Diese wesentliche Abweichung von dem im kameralen Haushaltsrecht gültigen Kassenwirksamkeitsprinzip trägt wesentlich zur Ermittlung des periodenbezogenen Ressourcenverbrauchs und -aufkommens bei.
3.3Nominalwertprinzip

Das Prinzip nomineller Kapitalerhaltung besagt, dass weder inflatorische noch deflatorische Geldwertänderungen berücksichtigt werden dürfen. Die nominelle Kapitalerhaltung wird maßgeblich durch den Rückgriff auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten erreicht. Die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilden gemäß § 34 Abs. 1 GemHVO (in Anlehnung an § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) die Obergrenze der Bewertung. Im Falle der Zuschreibung (gemäß § 35 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Satz 3 GemHVO) stellen die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Obergrenze dar. Ausnahmen vom Nominalwertprinzip erfolgen bei der erstmaligen Bewertung. Eine fortwährende Bilanzierung zu Wiederbeschaffungswerten ist nicht zulässig.
3.4Grundsatz der Fortführung der Verwaltungstätigkeit

Der Grundsatz der Fortführung der Verwaltungstätigkeit gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GemHVO (in Anlehnung an § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) findet auch für die Gemeinden Anwendung.
3.5Grundsatz der Bilanzklarheit und Übersichtlichkeit

Hinsichtlich des sich aus § 47 Abs. 3 GemHVO ergebenden Grundsatzes der Bilanzklarheit und des sich aus § 47 Abs. 4 und 5 GemHVO ergebenden Grundsatzes der Übersichtlichkeit wird auf Muster 19 der Anlage 3 zur VV-GemHSys verwiesen.

3.5
Grundsatz der Bilanzklarheit und Übersichtlichkeit

Hinsichtlich des sich aus § 47 Abs. 3 GemHVO ergebenden Grundsatzes der Bilanzklarheit und des sich aus § 47 Abs. 4 und 5 GemHVO ergebenden Grundsatzes der Übersichtlichkeit wird auf Muster 18 der Anlage 3 zur VV-GemHSys verwiesen.

3.6Einzelabbildungsgrundsätze
3.6.1Grundsatz der Einzelbilanzierung/Grundsatz der Einzelbewertung

Die Vermögensgegenstände, Sonderposten, Rückstellungen, Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten sind gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 GemHVO (in Anlehnung an § 240 Abs. 1 HGB) einzeln zu bewerten. Damit korrespondiert die Regelung in § 9 Abs. 1 GemHVO, nach welcher die Erträge, Aufwendungen, Einzahlungen und Auszahlungen grundsätzlich getrennt voneinander zu veranschlagen und damit auch zu buchen sind.

Für die kommunale Bilanz bedeutet dies, dass über die Bilanzierung jedes einzelnen Vermögensgegenstandes sowie jeder einzelnen Schuld jeweils separat und gegebenenfalls über eine weitere Differenzierung der in § 47 Abs. 4 und 5 GemHVO vorgegebenen Bilanzposten angemessen zu entscheiden ist. Maßstab sollte die wirtschaftliche Betrachtung als Funktionseinheit sein (beispielsweise sind die Einheiten eines Computers - Tastatur, Bildschirm, Festplatte, Prozessor, Maus usw. - regelmäßig nicht getrennt zu bilanzieren). Auf die in § 32 GemHVO genannten Inventur- und Bewertungsvereinfachungsverfahren wird verwiesen.
3.6.2Bruttoausweisprinzip (Saldierungsverbot)

Das Bruttoausweisprinzip (Saldierungsverbot) ist in § 47 Abs. 1 Satz 2 GemHVO (in Anlehnung an § 246 Abs. 2 HGB) verankert. Aktivposten dürfen nicht mit Passivposten, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden.
3.7Vorsichtsprinzip

Die wirtschaftliche Lage der Gemeinde soll gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GemHVO (in Anlehnung an § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) vorsichtig dargestellt werden. Das Vorsichtsprinzip konkretisiert sich durch weitere Prinzipien, und zwar

- das allgemeine Vorsichtsprinzip,
- das Realisationsprinzip,
- das Imparitätsprinzip sowie
- das Niederstwertprinzip.
3.7.1Allgemeines Vorsichtsprinzip

Das Eigenkapital einer Gemeinde ist eher pessimistisch auszuweisen. Aktiva sind deshalb eher niedriger anzusetzen, Passiva eher höher. Auf diese Weise werden unter Umständen stille Reserven gebildet, welche beim Eintritt zukünftiger Risiken aufgedeckt werden können.
Als aktiver Bestand darf deshalb auch nur bilanziert werden, was sich im Gegen-ständlichen konkretisiert, im Rechtsverkehr einen feststehenden Inhalt und im Geschäftsverkehr einen bestimmten Wert hat.
3.7.2Realisationsprinzip

Erträge dürfen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GemHVO (in Anlehnung an § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB) nur dann im Jahresabschluss berücksichtigt werden, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.
3.7.3Imparitätsprinzip

Alle vorhersehbaren Risiken und (Wert-)Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, sind gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GemHVO (in Anlehnung an § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) zu berücksichtigen.
3.7.4Niederstwertprinzip

Dieser Grundsatz verlangt, dass bei zwei für die Bewertung von Aktiva in Betracht kommenden Werten der niedrigere zu wählen ist. Maßgeblich ist § 35 Abs. 4 GemHVO (in gewisser Anlehnung an § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB) für das Anlagevermögen und § 35 Abs. 5 GemHVO für das Umlaufvermögen (in Anlehnung an § 253 Abs. 3 HGB).
3.8Grundsatz der Wirtschaftlichkeit

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit besagt, dass Kosten-Nutzen-Aspekte bei der Bilanzierung beachtet werden müssen. Deshalb kann beispielsweise ein Festwert gemäß § 32 Abs. 8 GemHVO (in Anlehnung an § 240 Abs. 3 HGB) gewählt werden, wenn der Gesamtwert entsprechender Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens für die Gemeinde von nachrangiger Bedeutung ist.
3.9Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte

Schwebende Geschäfte dürfen grundsätzlich nicht bilanziert werden. Dies folgt aus dem Realisationsprinzip bzw. dem Vorsichtsprinzip.
4.Wesentliche Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur
4.1Überblick

Die Inventur ist die Tätigkeit zur Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden. Hierbei ist der "Grundsatz der Wesentlichkeit" zu beachten, welcher in § 32 Abs. 3 und Abs. 5 GemHVO zum Ausdruck kommt. Danach kann von einer Erfassung von abnutzbaren beweglichen Vermögensgegenständen mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von bis zu 1.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) abgesehen werden; darüber hinaus können gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 GemHVO abnutzbare bewegliche Vermögensgegenstände von bis zu 1.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) im Jahr ihrer Anschaffung oder Herstellung aufwandswirksam gebucht oder voll abgeschrieben werden. Ebenso ist die Abschreibung über fünf Jahre in einem Sammelposten oder entsprechend der Nutzungsdauer möglich. Die Zusammenfassung der Inventurergebnisse in einem Verzeichnis ist das Inventar. Es dokumentiert das Vermögen und die Schulden nach Art, Menge und Wert zum Bilanzstichtag 31. Dezember des Haushaltsjahres.
4.2Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur im Einzelnen

Zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Inventur zählen:

- Grundsatz der Vollständigkeit der Inventur,
- Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit,
- Grundsatz der Nachprüfbarkeit und Dokumentation,
- Grundsatz der Einzelerfassung und Einzelbepreisung der Bestände,
- Grundsatz der Wirtschaftlichkeit sowie
- Grundsatz der Klarheit.
4.2.1Grundsatz der Vollständigkeit der Inventur

Als Ergebnis der Inventur muss gemäß § 31 Abs. 1 GemHVO (in Anlehnung an § 240 Abs. 1 HGB) ein Verzeichnis (Inventar) vorliegen, das sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden vollständig enthält. Bei der Erfassung der Vermögensgegenstände sind alle für die Bewertung relevanten Informationen (qualitativer Zustand, Beschädigungen und Mängel, verminderte oder fehlende Verwertbarkeit) festzuhalten. Doppelerfassungen und Erfassungslücken müssen bereits bei der Inventurplanung ausgeschlossen sein. Insbesondere ist bei der Bestandsaufnahme auch die Vollständigkeit der Sonderposten und Rückstellungen sicherzustellen.

Im Unterschied zu den Regelungen des HGB, welche eine körperliche Bestandsaufnahme vorsehen (vgl. §§ 240 Abs. 3 Satz 2, 241 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 HGB), entspricht es in der kommunalen Doppik dem Grundsatz der Vollständigkeit der Bestandsaufnahme, wenn der Bestand der körperlichen Vermögensgegenstände in angemessenen Zeitabständen überprüft wird. Welche Zeitabstände angemessen sind, richtet sich nach den örtlichen Verhältnissen; eine Anlehnung an § 240 Abs. 3 Satz 2 HGB ("in der Regel alle drei Jahre") ist nicht vorgesehen.

Vollständig abgeschriebene, aber noch genutzte Wirtschaftsgüter sind weiterhin mit dem Erinnerungswert (1 Euro) nachzuweisen.
 4.2.2Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit

Der aus § 27 Abs. 2 GemHVO abgeleitete Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit der Bestandsaufnahme verlangt, dass alle durch die Inventur ermittelten Angaben sachlich zutreffen und mit den Tatsachen übereinstimmen müssen (sachbezogene Richtigkeit). Falls Inventur- und Inventarangaben durch subjektive Einflüsse geprägt sind, gilt der Grundsatz der Willkürfreiheit. Dies bedeutet, dass sowohl für den Mengennachweis als auch für die Bewertung alle vorhandenen Informationen zur sachgerechten Identifizierung bereitgestellt werden müssen. Es entspricht dem Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit, wenn auf eine körperliche Bestandsaufnahme verzichtet und ausschließlich eine Buch- oder Beleginventur (§ 32 Abs. 2 GemHVO) durchgeführt wird.
4.2.3Grundsatz der Nachprüfbarkeit und Dokumentation

Der Grundsatz der Nachprüfbarkeit und Dokumentation nach § 31 Abs. 4 GemHVO (in Anlehnung an § 238 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB) fordert, die Inventur auf eine Art und Weise zu erstellen, welche einem sachverständigen, mit Inventur- und Bilanzfragen vertrauten Dritten erlaubt, den Bilanzansatz auf angemessene Weise überprüfen zu können. Hilfreich dafür ist es, die Vorgehensweise bei der Inventur zu dokumentieren.
4.2.4Grundsatz der Einzelerfassung und Einzelbepreisung der Bestände

Grundsätzlich sind alle Vermögensgegenstände und Schulden einzeln nach Art, Menge und Wert zu erfassen. Stichprobeninventur, Festbewertung, Gruppenbewertung und Verbrauchsfolgeverfahren sind nur ausnahmsweise möglich. Auf die in § 32 GemHVO genannten Inventur- und Bewertungsvereinfachungsverfahren wird verwiesen.
 4.2.5Grundsatz der Wirtschaftlichkeit

Der Aufwand, der im Rahmen der Inventur erforderlich ist, muss in angemessener Relation zu den zu erwartenden Ergebnissen stehen. Zulässige Vereinfachungen und Abweichungen von den anderen Grundsätzen ordnungsmäßiger Inventur sind bereits bei der Inventurplanung zu prüfen und zu berücksichtigen. Prüfungskriterium ist die Wesentlichkeit der betreffenden Bestände und das im Vergleich zu einer genaueren Erfassung entstehende Abweichungsrisiko.
4.2.6Grundsatz der Klarheit

Nach dem Grundsatz der Klarheit sind die einzelnen Inventurposten durch eindeutige Bezeichnungen inhaltlich scharf zu umreißen und von anderen Posten eindeutig abzugrenzen. Sämtliche Inventurangaben und das Inventar sind zudem sowohl verständlich als auch übersichtlich darzustellen. Entsprechende Vorschriften sind in §§ 28 und 31 GemHVO (in weiter Anlehnung an § 239 Abs. 1 und 2 HGB) enthalten.
5.Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)

Die GoBD sind zu beachten, wenn die zu führenden Bücher und sonst erforderlichen Aufzeichnungen in elektronischer Form geführt und die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen in elektronischer Form aufbewahrt werden. Die GoBD ergeben sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen an die Obersten Finanzbehörden der Länder vom 14. November 2014, IV a 4 - S 0316/13/10003 (BStBl I S. 1450).

Die GoBD können ohne weiteres auf die Gemeinden übertragen werden, wobei die Bezüge zum HGB und zur AO durch die GemO und die GemHVO sinngemäß zu ersetzen sind.
6.Zu den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gehört die Ausschöpfung aller Ertrags- und Einzahlungsmöglichkeiten durch die Gemeinde, insbesondere die Erhebung kostendeckender Entgelte und der Verzicht auf Aufwendungen oder Auszahlungen, durch die die stetige Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gefährdet wird.
7.Das Gebot des Haushaltsausgleichs bezieht sich auf den Ergebnishaushalt, die Ergebnisrechnung, den Finanzhaushalt und die Finanzrechnung sowie auf die kommunale Bilanz. Auf § 18 GemHVO wird verwiesen.
8.Die Verpflichtung zum Ausgleich des Haushalts gilt grundsätzlich auch für die Planungsdaten gemäß § 1 Abs. 2 GemHVO im Ergebnishaushalt und im Finanzhaushalt.
9.Die Nichtbeachtung der Verpflichtung, den Haushaltsplan jährlich auszugleichen, ist eine Rechtsverletzung, die Maßnahmen der Aufsichtsbehörde nach §§ 117 ff. rechtfertigt (VV zu § 97).
10.Bestimmungen zur Zahlungsfähigkeit der Gemeinde finden sich in zwei verschiedenen Vorschriften (§§ 93 Abs. 5 Satz 1 und 105 Abs. 1). Darüber hinaus ist in § 105 Abs. 2 bestimmt, dass Kredite zur Liquiditätssicherung nur zur rechtzeitigen Leistung von Auszahlungen aufgenommen werden dürfen. Obwohl der Saldo der Ein- und Auszahlungen aus Krediten zur Liquiditätssicherung im Finanzhaushalt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Posten F 39) dargestellt wird, handelt es sich nicht um Deckungsmittel im haushaltsrechtlichen Sinn, weder für ordentliche und außerordentliche Auszahlungen noch für Auszahlungen aus Investitionstätigkeit. Aus dem Gebot der angemessenen Liquiditätsplanung leitet sich auch ab, Forderungen der Gemeinde rechtzeitig und vollständig einzuziehen. Ausnahmen von diesem Gebot sind für Stundungen, Niederschlagungen und Erlass sowie für Kleinbeträge in §§ 23 und 24 GemHVO geregelt.
10.
Bestimmungen zur Zahlungsfähigkeit der Gemeinde finden sich in zwei verschiedenen Vorschriften (§§ 93 Abs. 5 Satz 1 und 105 Abs. 1). Darüber hinaus ist in § 105 Abs. 2 bestimmt, dass Kredite zur Liquiditätssicherung nur zur rechtzeitigen Leistung von Auszahlungen aufgenommen werden dürfen. Obwohl der Saldo der Ein- und Auszahlungen aus Krediten zur Liquiditätssicherung im Finanzhaushalt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Posten F 39) dargestellt werden, handelt es sich nicht um Deckungsmittel im haushaltsrechtlichen Sinn, weder für ordentliche und außerordentliche Auszahlungen noch für Auszahlungen aus Investitionstätigkeit. Aus dem Gebot der angemessenen Liquiditätsplanung leitet sich auch ab, Forderungen der Gemeinde rechtzeitig und vollständig einzuziehen. Ausnahmen von diesem Gebot sind für Stundungen, Niederschlagungen und Erlass sowie für Kleinbeträge in §§ 23 und 24 GemHVO geregelt.
11.Die Finanzierung im Sinne von Absatz 5 ist nur dann als gesichert anzusehen, wenn
11.1greifbare eigene Mittel in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen,
11.2über Zuweisungen und Zuschüsse Dritter Bewilligungsbescheide vorliegen oder rechtsverbindliche Vereinbarungen bestehen,
11.3die Entgeltsatzungen über die zu erhebenden Entgelte nach dem Kommunalabgabengesetz und dem Baugesetzbuch rechtswirksam sind,
11.4mit dem Eingang der anderen zweckbestimmten Einzahlungen rechtzeitig gerechnet werden kann,
11.5die Genehmigung der Investitionskredite und Verpflichtungsermächtigungen für das Haushaltsjahr vorliegt,
11.6nach der Kreditmarktlage die vorgesehenen Investitionskredite aufgenommen werden können, sobald sie nach der Liquiditätslage erforderlich sind.
12.Sofern für die Finanzierung einer Investitionsmaßnahme die Aufnahme von Investitionskrediten genehmigt worden ist und die Kreditaufnahme zeitlich über den in § 103 Abs. 3 bestimmten Zeitraum hinaus verschoben werden soll, weil zwischenzeitlich auf vorhandene liquide Mittel zurückgegriffen werden kann, ist in dem entsprechenden Haushaltsfolgejahr die Aufnahme von Investitionskrediten neu zu veranschlagen. Im Vorbericht oder in den Erläuterungen ist darzustellen, dass es sich um eine Kreditaufnahme handelt, die bereits durch die Aufsichtsbehörde genehmigt wurde. Eine Genehmigung kann dann nicht versagt werden.
13.Die Gemeinde begeht eine Rechtsverletzung, die verantwortlichen Gemeindebeamten begehen ein Dienstvergehen, die Arbeitnehmer der Gemeinde begehen eine Pflichtverletzung, wenn sie gegen das Gebot des § 93 Abs. 5 Satz 2 verstoßen.