VV zu § 109 GemO

1.
Ein Gesamtabschluss ist nur aufzustellen, wenn mindestens eine Tochtergesellschaft zwei Jahre unter dem beherrschenden oder maßgeblichen Einfluss der Gemeinde stand; ein Gesamtabschluss wird deshalb nicht erforderlich, wenn eine Tochterorganisation nur während des Haushaltsjahres oder nur während des Haushaltsvorjahres unter dem beherrschenden oder maßgeblichen Einfluss der Gemeinde stand. Ein Gesamtabschluss ist demzufolge nicht zu erstellen, sofern eine Gemeinde ausschließlich Beteiligungen ohne beherrschenden oder maßgeblichen Einfluss hält; die Anzahl solcher Beteiligungen ist hierbei nicht relevant. Der Gesamtabschluss ist von der Verwaltung aufzustellen und dem Gemeinderat lediglich zur Kenntnis vorzulegen; eine Entlastung für den Gesamtabschluss ist nicht erforderlich.
2.Als Tochterorganisationen gelten alle Sondervermögen der Gemeinde, alle Unternehmen, an denen die Gemeinde beteiligt ist, alle rechtsfähigen kommunalen Stiftungen der Gemeinde, alle Zweckverbände, bei denen die Gemeinde Mitglied ist und alle sonstigen rechtlich selbstständigen Aufgabenträger mit kaufmännischer Rechnungslegung oder einer Rechnungslegung nach den Vorschriften des kommunalen Rechnungswesens, deren finanzielle Grundlagen aufgrund rechtlicher Verpflichtungen wesentlich durch die Gemeinde gesichert werden.
3.
Ein beherrschender Einfluss bedeutet, dass mindestens eines der Kriterien in Nr. 3.1 bis 3.3 erfüllt ist:
3.1der Gemeinde steht die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zu,
3.2der Gemeinde steht das Recht zu, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen und die Gemeinde ist gleichzeitig Beteiligte an der Tochterorganisation,
3.3der Gemeinde steht auf Grund eines mit der Tochterorganisation geschlossenen Beherrschungsvertrags oder auf Grund einer Satzungsbestimmung der Tochterorganisation das Recht zu, einen beherrschenden Einfluss auszuüben.
4.Ein maßgeblicher Einfluss wird widerlegbar vermutet bei einer (unmittelbaren oder mittelbaren) Beteiligungsquote von mindestens 20 v. H. der Stimmrechtsanteile. Im Rahmen der widerlegbaren Vermutung sind Einfluss und Beherrschung der Gemeinde an den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten zu prüfen; sofern die Gemeinde im Rahmen einer flexiblen Abwägung von dem Schwellenwert 20 v. H. abweicht, ist eine entsprechend begründende Dokumentation vorzunehmen.
4.1Wird mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt, kann in der Regel auf das Vorliegen eines maßgeblichen Einflusses geschlossen werden:

- die Gemeinde kann die Geschäftspolitik der Tochterorganisation mitbestimmen,
- die Gemeinde hat einen Sitz in den maßgeblichen Aufsichts- oder Leitungsorganen der Tochterorganisation inne,
- zwischen der Gemeinde und der Tochterorganisation finden beträchtliche leistungswirtschaftliche, finanzwirtschaftliche oder personelle Transaktionen statt.
4.2Der maßgebliche Einfluss ist "geringer" als der beherrschende Einfluss, die Gemeinde wirkt hierbei an der Geschäfts- und Finanzpolitik der Tochterorganisation mit, ohne dass sie diese dadurch beherrscht. Die bloße Möglichkeit der Ausübung des maßgeblichen Einflusses muss nicht zwingend für das Kriterium "maßgeblich" ausreichen; bei der Beurteilung eines jeden Einzelfalls ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse aus Sicht der Gemeinde abzustellen.
5.Aufgrund der Regelung in Absatz 4 Satz 2 kann der - aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften - erstellte Konzernabschluss einer Kapitalgesellschaft als Tochterorganisation in den Gesamtabschluss der Gemeinde übernommen werden. Auf eine Neubewertung wird aus Gründen der Vereinfachung verzichtet.
6.
Bestehen für die Jahresabschlüsse der Gemeinde und ihrer Tochterorganisationen abweichende Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften, so ist eine Anpassung der Posten nicht vorzunehmen, da dies abweichend von § 308 HGB unerheblich ist. Von einer Neubewertung der in den Gesamtabschluss zu übernehmenden Vermögensgegenstände und Schulden sowie der Aufwendungen und Erträge wird abgesehen.
7.
Ein Geschäfts- und Firmenwert kann sich im privaten Sektor im Rahmen der Übernahme eines Unternehmens ergeben, wenn der Kaufpreis unter den Buchwerten der Vermögensgegenstände liegt. Da die „Übernahme“ einer anderen Organisation auch durch eine Gemeinde möglich ist, kann es einen Geschäfts- und Firmenwert geben. Absatz 5 Satz 7 soll deutlich machen, dass der Bilanzposten „Geschäfts- oder Firmenwert“ buchungstechnisch zu verwenden ist. Satz 7 schließt sodann - anders als § 255 Abs. 4 Satz 2 und 3 HGB - Abschreibungen auf den Geschäfts- und Firmenwert aus.
8.
Im Hinblick auf Absatz 6 Satz 1 ist auf Folgendes hinzuweisen:

Im Rahmen der Prüfung des Merkmals "untergeordnete Bedeutung" kann auf die einzelne Tochterorganisation abgestellt werden. Gemeindehaushaltsrechtlich existiert keine zu § 296 Abs. 2 Satz 2 HGB analoge Vorschrift, wonach Tochterorganisationen auch in ihrer Gesamtheit von untergeordneter Bedeutung sein müssen, damit diese nicht in den Gesamtabschluss einbezogen werden können. Es kann im Rahmen der Prüfung des Merkmals "untergeordnete Bedeutung" auf die einzelne Tochterorganisation und nicht auf die Gesamtheit der Tochterorganisationen abgestellt werden. Daher ist es möglich, dass Tochterorganisationen mit untergeordneter Bedeutung nicht im Rahmen des Gesamtabschlusses konsolidiert werden müssen. § 109 Abs. 6 Satz 3 und 4 bleiben unberührt.

9.
Entsprechend Absatz 9 ist der Gesamtbetrag der Bilanzsummen oder der Gesamtbetrag der zusammengefassten Rückstellungen und Verbindlichkeiten der einzubeziehenden Tochterorganisationen maßgeblich, unabhängig davon, welchen prozentualen Anteil die Gemeinde selbst hält. Es sind sämtliche Rückstellungen und Verbindlichkeiten in die Berechnung einzubeziehen, unabhängig davon, ob diese beispielsweise aus Darlehen zwischen einzubeziehenden Organisationen resultieren. Tochterorganisationen, auf welche kein beherrschender oder maßgeblicher Einfluss ausgeübt werden kann, und Tochterorganisationen von untergeordneter Bedeutung bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt.