Möglichkeiten der Ratsmitglieder, in die Einladungs- und Tagesordnungskompetenz des Bürgermeisters einzuwirken

Die Ratsmitglieder können in die Kompetenzen des Bürgermeisters, eine Sitzung einzuberufen und die Tagesordnung zu bestimmen, einwirken.

Der Bürgermeister ist verpflichtet, eine Ratssitzung unverzüglich einzuberufen, wenn mindestens ein Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder dies unter Angabe des Tagesordnungspunktes bei ihm schriftlich beantragt (§ 34 Abs. 1 Satz 4 GemO, § 1 Abs. 2 MGeschO). Die Unterschrift des Fraktionsvorsitzenden genügt dabei nicht; ein solcher Antrag muss von so vielen Ratsmitgliedern unterschrieben sein, wie es der Anzahl eines Viertels der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder entspricht. Der Bürgermeister zählt bei der Berechnung der Bezugsgröße „gesetzliche Zahl der Ratsmitglieder“ in diesem Falle nicht mit, da sich der Antrag der Ratsmitglieder „gegen“ ihn richtet. Mithin entspricht im Falle des § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO, § 1 Abs. 2 MGeschO die gesetzliche Zahl der Ratsmitglieder der Zahl der gewählten Ratsmitglieder (siehe § 29 Abs. 2 GemO); ausgehend von ihr ist ein Viertel zu berechnen.

Die Ratsmitglieder haben außerdem die Möglichkeit, gemäß § 34 Abs. 5 Satz 2 GemO und § 3 Abs. 1 Satz 2 MGeschO schriftlich zu beantragen, dass eine Angelegenheit auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Gemeinderates gesetzt wird. Diesen Antrag können entweder ein Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder oder aber eine Fraktion stellen. Nur im Falle eines Fraktionsantrages genügt die Unterschrift des Fraktionsvorsitzenden (vgl. VV Nr. 5 Satz 1 zu § 34 GemO). Ein solcher Antrag hat für den Bürgermeister grundsätzlich verpflichtende Wirkung.

In einer laufenden Sitzung können solche Anträge, einen bestimmten Gegenstand auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu nehmen, nicht gestellt werden; so genannte Antrags-Anträge sieht die GemO nicht vor (vgl. VV Nr. 4 zu § 30 GemO).

Wichtig bei den genannten Möglichkeiten, nämlich

ist, dass die Beratungsgegenstände jeweils zu den Aufgaben des Gemeinderates gehören müssen (§ 32 GemO – Selbstverwaltungsangelegenheiten). Der Bürgermeister ist nicht verpflichtet, solchen Anträgen nachzukommen, bei denen es zum Beispiel um Angelegenheiten geht, die in die ausschließliche Organzuständigkeit des Bürgermeisters fallen (z. B. Personalangelegenheiten).

Weiterhin wichtig zu beachten ist, dass der Bürgermeister ferner durch solche Anträge nicht verpflichtet wird, wenn der Gemeinderat den gleichen Gegenstand innerhalb der letzten sechs Monate bereits beraten hat (§ 34 Abs. 1 Satz 5 und § 34 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 GemO sowie § 1 Abs. 2 Satz 2 MGeschO und § 3 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 MGeschO). Für den Bürgermeister gilt diese Sperrfrist nicht. Er ist „Herr der Tagesordnung“.

Der Bürgermeister kann gleichwohl Anträgen, die vor Ablauf der Sechsmonatsfrist gestellt werden, entsprechen, er muss es aber nicht! Entspricht der Bürgermeister Anträgen, die z. B. die Sechs-Monats-Sperrfrist nicht beachten, so macht er einen solchen Antrag zu seiner eigenen Sache, denn die Tagesordnungskompetenz des Bürgermeisters bleibt auch insoweit uneingeschränkt erhalten.

Autor: Stefan Heck, Agneta Psczolla Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel