I. Strukturen der Energiewirtschaft

Seit der schrittweisen Liberalisierung des Energiewirtschaftsrechts zwischen 1998 und 2012 haben sich die Strukturen in der deutschen Energiewirtschaft erheblich verändert. Heute sind sie gekennzeichnet durch eine hohe Komplexität sowie große Vielfalt in der Erzeugung, dem Transport bzw. der Verteilung und dem Vertrieb von Energie. Erheblich dazu beigetragen hat auch die etwa zeitgleich einsetzende Energiewende, d. h. die schrittweise Umstellung von fossilen auf regenerative Energien. Dies führte und führt immer noch zu mehr dezentralen Anlagen der Energieerzeugung (Windkraft, Photovoltaik, Biogas, BHKW u. a. m.) und in der Folge – angesichts teils gravierender Änderungen der Einspeisepunkte – zu erheblichem Investitionsbedarf in den Übertragungs- wie auch den Verteilnetzen, die ja bisher auf wenige, große Kraftwerke in ganz anderer räumlicher Verteilung ausgelegt waren. Die dazu notwendigen Netzumbauten sind bis heute nicht abgeschlossen und werden vermutlich noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. In jüngerer Zeit steht zunehmend die Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien im Mittelpunkt. Sie hat maßgebliche Auswirkungen auf die Stromnetze wie auch auf die Zukunft der Erdgasnetze (Stichworte: Wärmepumpe, Wasserstoff). Innerhalb dieser Strukturen haben die Kommunen vielfältige Aufgaben und Funktionen. Diese sind oft historisch gewachsen, anfangs wurden sie freiwillig übernommen, später wurden sie ihnen neue auferlegt und teils ergeben sie sich aus ihren übrigen Aufgaben. Kommunen sind – auch über ihre Unternehmen oder Beteiligungen – insbesondere

  • Träger von Maßnahmen des Klimaschutzes und der Energiewende,
  • Energieverbraucher mit teils erheblichen Verbrauchsmengen (Strom, Wärme),
  • Erzeuger vorrangig erneuerbarer Energien (PV, Windkraft, Biomasse),
  • Betreiber von Energienetzen (Strom, Gas, Wärme),
  • Energielieferanten (Strom, Erdgas, Wärme) sowie
  • Baulastträger von Verkehrsflächen, in denen die Energieleitungen verlegt sind.

Das in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG statuierte Recht der Gemeinden, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln, erstreckt sich auch auf die Energieversorgung. Nach § 85 Abs. 1 Satz 2 ff. GemO wird dies stets als öffentlicher Zweck gerechtfertigt.

Autor: Dr. Thomas Rätz Drucken nächstes Kapitel