3. „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“
Im gesamten Bundesgebiet, auch in Rheinland-Pfalz, treten immer wieder Personen und Gruppierungen in Erscheinung, die sich Namen fiktiver Staaten wie „Freistaat Preußen“ geben und staatliche Strukturen vortäuschen, zum Beispiel indem sie sich „Reichsregierung“ nennen. Sie benutzen Pseudotitel und Fantasie-Papiere und verfassen ausschweifende Erklärungen mit haltlosen Behauptungen und Verschwörungsfantasien. Zusammengefasst bezeichnen die Sicherheitsbehörden sie als „Reichsbürger“. In vielen Fällen sind die Aktivitäten sog. Reichsbürger nicht zuletzt für die Polizei und die Ordnungsbehörden relevant.
Nach wie vor gibt es hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Dabei handelt es sich um einen Extremismus eigener Art, wenngleich es auch ideologische und personelle Schnittmengen mit dem Rechtsextremismus gibt. Eine Reihe von Fällen verdeutlicht außerdem, dass einzelne Szeneangehörige eine ausgeprägte Gewaltaffinität haben und diese auch in zum Teil schwersten Taten ausleben. Insofern ist der Szene eine erhöhte Straffälligkeit und Waffenaffinität eigen. Angehörige der Reichsbürgerszene wenden sich in der Regel gegen staatliche Stellen und deren Bedienstete. Beispielsweise werden Forderungen, Mahnungen oder Drohungen an diese gerichtet oder staatliche Maßnahmen (Bescheide) nicht anerkannt. Zudem gibt es Vorfälle im Melde-, Pass- und Personalausweiswesen sowie bei Beglaubigungen. Da sich Gefahrenmomente insbesondere aus den Widerstandshandlungen gegen staatliche Maßnahmen z. B. bei der Vollstreckung ergeben, sollte bei konkreten Anhaltspunkten im Vorfeld behördlicher Maßnahmen fallbezogene Gefährdungseinschätzungen vorgenommen und sodann ggf. Schutzmaßnahmen für die kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getroffen werden.
Zur Unterstützung von Kommunalverwaltungen und Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern im Umgang mit Angehörigen der Reichsbürgerszene hat die Präventionsagentur eine Handreichung erstellt, die regelmäßig überarbeitet und ergänzt wird. Die Handreichung enthält umfangreiche Hintergrundinformationen sowie Handlungsempfehlungen für den behördlichen Umgang mit dieser Klientel und wird den Kommunen über die kommunalen Spitzenverbände zur Verfügung gestellt.
Aktivitäten mutmaßlicher Reichsbürger sollten unverzüglich dem Verfassungsschutz gemeldet werden. Die kommunalen Gebietskörperschaften sind – wie bereits dargelegt- gem. § 25 Abs. 1, LVerfSchG nicht nur berechtigt sondern gehalten, von sich aus die Verfassungsschutzbehörde zu informieren, wenn nach ihrer Beurteilung tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist (im Bereich der Finanzverwaltung muss zudem eine Offenbarungsbefugnis nach § 30 Absatz 4 AO vorliegen).