Die Rechtsgrundlagen auf der Bundesebene
1968 führte das „Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes (KatSG)“in §1 aus, dass der von den Ländern aufgestellte friedensmäßige Katastrophenschutz seine Aufgaben auch unter den besonderen Umständen des Verteidigungsfalles wahrnimmt. Der verzichtete auf seine Einheiten und Einrichtungen im bisherigen Luftschutzhilfsdienst (LSHD) - einer autark beabsichtigten Parallelstruktur zu dem Katastrophenschutz der Länder, die aber unter einem erheblichen Personalmangel litt. Die damalige Neukonzeption des Zivil- und Katastrophenschutzes bildete für über 20 Jahre eine vorbildliche Grundlage für einen gemeinsam von Bund und Ländern getragenen Katastrophenschutzes.
Die 1989 eingetretene Änderung der sicherheitspolitischen Weltlage durch den Zusammenbruch des Warschauer Paktes führte in Verbindung mit Sparmaßnahmen des Bundes dazu, seinen Zivil- und Katastrophenschutz neu zu konzipieren und nicht mehr allein auf den Verteidigungsfall auszurichten. Der Bund vertrat die Auffassung, dass er nicht mehr eine eigene Katastrophenschutzorganisation mit bundeseigenen Einrichtungen und Einheiten benötigt, sondern dass er die vorhandenen Strukturen des Katastrophenschutzes der Länder nutzen kann, die er nur noch im Bedarfsfall durch so genannte „Unterstützungskomponenten“ materiell verstärkt. Im Zuge dieser Neukonzeption wurden daher die Fachdienste des erweiterten Katastrophenschutzes des Bundes erheblich reduziert und teilweise aufgelöst.
Das „Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG)“ vom 25. März 1997 (BGBl. I S.726), zuletzt geändert durch Artikel 144 des ZSchAnpassVO vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328), spiegelt diese Entwicklung wider. Durch die damalige Abstimmung der unterschiedlichen Aufgaben der Länder und des Bundes hat sich ein funktionsfähiges Gefahrenabwehrsystem weiterentwickelt, das sich von der kommunalen Ebene über die Länderebene hin zum Bund organisch aufbaut.
Ausgelöst durch die am 11. September 2001 verübten Anschläge in den Vereinigten Staaten von Amerika und verstärkt durch das Sommerhochwasser 2002 an Elbe und Donau entwickelten die Länder und der Bund eine neue Rahmenkonzeption für den Zivil- und Katastrophenschutz. Die Ständige Konferenz der Innenminister und –senatoren (IMK) beschloss im Dezember 2002 die „Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“, auf deren Grundlage die heute Architektur des Bevölkerungsschutzes im Wesentlichen immer noch basiert. Mit dieser Strategie können in einem Verbundsystem der Gefahrenabwehr gerade die außergewöhnlichen und großflächigen Schadenereignisse und Gefahrenlagen durch Maßnahmen bewältigt werden, die unter Umständen nationale Bedeutung aufweisen.
Der Bund ergriff zur Ergänzung und Unterstützung der Länder folgende Maßnahmen:
- Transformation des ehemaligen „Bundesamt für den Zivilschutz (BZS)“ in das „Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)“ als Kompetenzzentrum für den Bevölkerungsschutz (Vollzug 2004).
- Einrichtung eines „Gemeinsames Lagezentrum von Bund und Ländern Länder (GMLZ)“ im BBK.
- Transformation der ehemalige „Katastrophenschutzschule des Bundes (KSB)“ in die „Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ)“ in Bad-Neuenahr-Ahrweiler (Vollzug 2002; Integration als Abteilung in das BBK im Jahr 2004); ab 2021 Erweiterung des Aufgabengebietes der AKNZ, heute „Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ)“.
- Verstärkung der vorhandenen Ausrüstung der Kommunen und der Länder für Zivilschutzaufgaben in den Bereichen Brandschutz, ABC-Schutz sowie für das Sanitäts- und Betreuungswesen (zum Beispiel mit LF 20 - KatS, SW 2000 - KatS, AC-ErKw, GW-Dekon-P, …).
- Verzicht des Bundes auf das Recht auf eine eigene Organisationsstruktur in den Ländern und Kommunen zu schaffen; er bedient sich vielmehr der Verwaltungs- und Führungsstrukturen der Länder und Kommunen und beansprucht im Katastrophenschutz keine Führungskompetenz mehr.
Seit 2016 muss einer geänderten Gefährdungslage Rechnung getragen werden: Insbesondere gilt es jetzt, sich verstärkt auf die Abwehr von Terrorgefahren, Unwetterereignissen wie Starkregen und Hochwasser, sowie Wald- und Vegetationsbränden vorzubereiten. Infolge der geänderten militärischen Sicherheitslage ist die „Neue Strategie“ aus dem Jahre 2002 zu ergänzen. Deshalb hat der Bund 2016 - zunächst ohne Beteiligung der Länder – eine Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) vorgelegt, die wesentlich von der Landesverteidigung sowie der Abwehr einer asymmetrischen Bedrohung und hybriden Kriegsführung geprägt wird. Zurzeit wird an einem „Operationsplan Deutschland“ gearbeitet, der insbesondere durch den Ukrainekrieg geprägt wird.