Die Struktur des Feuerwehrwesens

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich auf den Rahmenvorgaben des Landes ein eng verzahntes und sich gegenseitig ergänzendes Verbundsystem der Gefahrenabwehrentwickelt. Dabei wirken die Einsatzkräfte und -mittel der Gemeinden, der Landkreise und kreisfreien Städte sowie des Landes und des Bundes eng zusammen. Bei der Organisation der Gefahrenabwehr bilden die Verwaltungsgrenze keine Einsatzgrenzen. Für die Einsatzvorbereitung gilt der Grundsatz, dass in den Alarm- und Einsatzplänen die jeweils am schnellsten verfügbaren Einsatzmittel zu berücksichtigen sind. Somit wird gewährleistet, dass innerhalb der Einsatzgrundzeit von acht Minuten wirksame Hilfe eingeleitet und bei Schadens- und Gefahrenlagen größeren Umfangs das notwendige Einsatz- und Führungssystem aufzubauen um wirksame Hilfe zu leisten. Der interkommunalen Zusammenarbeit kommt bei der Beschaffung und Stationierung von Einsatzfahrzeugen - insbesondere auch im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage der öffentlichen Hand - eine hohe Bedeutung zu.

In Rheinland-Pfalz sind die Gemeinden, Städte und Landkreise auf der Grundlage der FwVO in der Lage, Feuerwehrbedarfsplanung zu betreiben, lange bevor in den 1990er Jahren der Begriff "Feuerwehrbedarfsplan" geprägt wurde! Zunächst wird das Gefahren- und Risikopotenzial in dem jeweiligen Ausrückebereich, das ist in der Regel das Gebiet der Ortsgemeinde, analysiert. Anschließend erfolgt die Einordnung in eine von fünf möglichen Risikoklassen der vier Gefahrengruppen (Brandgefahren, Technische Gefahren, ABC-Gefahren, Wassergefahren). In Abhängigkeit der nach objektiven Beurteilungskriterien ermittelten Risikoklasse kann dann die erforderliche Mindestausrüstung ausgewählt, beantragt, gefördert und beschafft werden. Dieser Prozess ist als ausrüstungsbezogene Feuerwehrbedarfsplanung zu verstehen. Werden die geschilderten Prozessschritte noch um die erforderliche Definition der benötigten Funktionsstärken der Mannschaften mit deren jeweiligen Ausbildungsqualifikationen ergänzt, die ereignisbezogenen Alarm- und Ausrückeordnungen (AAO) erstellt und die Ergebnisse dokumentiert so erhält man einen vollständigen Feuerwehrbedarfsplan.

Beim Vollzug der FwVO sind folgende Aspekte zu beachten:

  • zutreffende Eingruppierung in die jeweilige Risikoklasse durch die Gemeindefeuerwehren und die kommunalen Aufgabenträger unter Beteiligung der Aufsichtsbehörden der Kreise und des Landes,
  • konsequente Umsetzung der Rahmenvorgaben bei der Auswahl von Rettungs- und Einsatzmitteln als Mindestausstattung und
  • verstärkte interkommunale Zusammenarbeit bei der Beschaffung, der Stationierung und dem Unterhalt von Einsatzfahrzeugen in den Alarmstufen 2 und 3 (Grundsatz: Verwaltungsgrenzen sind keine Einsatzgrenzen).

Die revolutionäre Innovation der bedarfsorientierten rheinland-pfälzischen Feuerwehrbedarfsplanung wurde am 23. Dezember 1975 mit der  „5. Verordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über den Brandschutz und die Allgemeine Hilfe (Organisationsverordnung - Feuerwehr)“ geschaffen. Am 17. Mai 1979 wurde diese Verordnung wurde durch die 10. Verordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über den Brandschutz und die Allgemeine Hilfe (Überörtliche Gefahrenabwehrverordnung) ergänzt, in der die überörtlichen Aufgaben der Landkreise beschrieben wurden. Bei der Bearbeitung dieser Verordnungen ließen sich die Beteiligten von dem Grundsatz leiten, ein „Optimales Minimum“ zu definieren. Die Gefahr einer „Unterrüstung“ - verbunden mit der Möglichkeit eines Organisationsverschuldens - sowie einer „Überrüstung“, die gegen den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verstößt, wurde gebannt. Das Prinzip „Optimales Minimum“ bedeutet: Optimalen Schutz des Bürgers bei einem vertretbaren finanziellen Aufwand. Bau- und Beschaffungsmaßnahmen sollen sich daher dadurch auszeichnen, dass sie notwendig, zweckmäßig und verhältnismäßig und keinesfalls überzogen sind. Die beiden oben aufgeführten Verordnungen wurden 1991 Jahre überarbeitet und mit anderen Durchführungsverordnungen zur „Feuerwehrverordnung“ zusammengefasst, die als ein wesentlicher materiell-rechtlicher Beitrag des Landes zu der oftmals kontrovers geführten Schutzzieldiskussion zu betrachten ist, die im Rahmen der Standardflexibilisierung auf allen Ebenen ausgetragen wird.

Ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen, das Mitte der 90er Jahre im Auftrag des Hessischen Landesrechnungshofes 20 Freiwillige Feuerwehrwehren untersuchte, wählte dabei das Rahmenbedarfskonzept des Landes Rheinland-Pfalz als mustergültige Grundlage! Als Ergebnis wurden im Einzelfall erhebliche Einsparpotentiale festgestellt und der hessischen Landesregierung grundsätzlich empfohlen, eine der rheinland-pfälzischen Feuerwehrverordnung entsprechende Organisationsverordnung einzuführen, um eine Überrüstung zu vermeiden und eine kostengünstige Gefahrenabwehr sicherzustellen! Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport folgte dieser Empfehlung und erließ für Hessen eine Feuerwehrorganisationsverordnung. Auch das Saarland und Thüringen haben ähnliche Regelungen getroffen.

Der Ausrüstungsstand der Feuerwehren basiert auf den bedarfsgerecht entwickelten und genormten Feuerwehrfahrzeugtypen, die durch das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN e.V.)und das Europäische Komitee für Normung (CEN) erarbeitet werden. Bei der Erarbeitung dieser nationalen DIN-Normen und europäischen CEN-Normen wirken Experten der Anwender und der Hersteller vertrauensvoll zusammen. Bei der Auswahl und Stationierung von Feuerwehrfahrzeugen gelten die folgenden Grundsätze:

  1. Flächendeckend stationierte Kleinlöschfahrzeuge, Tragkraftspritzenfahrzeuge und Mittlere Löschfahrzeuge - also Löschfahrzeuge mit Staffelbesatzung - gelten als Basisfahrzeuge zum Einleiten und Leisten wirksamer Hilfe und dienen dem Erhalt der örtlichen Feuerwehreinheiten.
  2. Stützpunktartig stationierte Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeuge - also Universalfahrzeuge für die Brandbekämpfung und die Technische Hilfe - dienen der Unterstützung der örtlichen Einheiten im Verbundsystem der gegenseitigen Hilfe.
  3. Rüstwagen, Drehleitern und Tanklöschfahrzeuge - also Sonderfahrzeuge mit Truppbesatzung - ergänzen die Löschfahrzeuge bei der Erfüllung besonderer Aufgaben.
  4. Preiswerte Mehrzweckfahrzeuge erfüllen Logistikaufgaben, insbesondere den Transport von Nachschub- und Verbrauchsmaterial.

 Die Finanzielle Förderung des kommunal geprägten Feuerwehrwesens ist als eine Daueraufgabe zu betrachten. Damit wird ebenfalls einen Beitrag zur Inneren Sicherheit geleistet. Die Finanzielle Förderung des Feuerwehrwesens nimmt eine Sonderstellung ein, weil das spezifische Investitionsgeschehen ausschließlich auf die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgerichtet ist. Die Grundlage für finanzielle Förderung im Feuerwehrwesen bildet das LBKG in Verbindung mit dem Landesfinanzausgleichsgesetz Rheinland-Pfalz (LFAG) und der "Förderrichtlinien für das Feuerwehrwesen in Rheinland-Pfalz" als Verwaltungsvorschrift. Danach gewährt das Land den kommunalen Aufgabenträgern aus dem Aufkommen der Feuerschutzsteuer sowie nach Maßgabe des Haushaltsplanes und sonstigen Landesmitteln im Bereich des Feuerwehrwesens Zuwendungen für Investitionen im Bereich des Brandschutzes, der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes. Die Zuwendungen werden von dem Haushaltsgesetzgeber in jedem Haushalt neu festgelegt. Im LBKG ist die Zweckbindung der Feuerschutzsteuer geregelt. Das Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer darf nur zur Förderung des Vorbeugenden und Abwehrenden Brandschutzes verwendet werden. Mit der Feuerschutzsteuer werden in erheblichem Maße Investitionen der Gemeinden, Städte und Landkreise im Brand- und Katastrophenschutz gefördert. Für die Gewährleistung eines sachgerechten Ausrüstungsstands der Feuerwehren ist das Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer unverzichtbar. Das Antrags- und Bewilligungsverfahren im Feuerwehrwesen wird als projektbezogene Einzelförderung mit Festbetragssafinanzierung für Feuerwehrfahrzeuge und Anteilsfinanzierung für Feuerwehrhäuser und Feuerwachen abgewickelt.

Die Ausbildung im Brand- und Katastrophenschutz wird als dreistufiges Verbundsystem zwischen den einzelnen Aufgabenträgern wahrgenommen, beginnend mit der Standortausbildung der Gemeinden über die Kreisausbildung der Landkreise bis hin zur zentralen Ausbildung des Landes an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzakademie (LFKA) in Koblenz. Ergänzt wird dieses Angebot der öffentlichen Aufgabenträger durch Lehrgänge und Seminare an der Bundesakademie für den Bevölkerungs- und Zivilschutz (BABZ) in Bad Neuenahr-Ahrweiler und durch den Landesfeuerwehrverband Rheinland-Pfalz e.V., der zum Beispiel ein Fahrsicherheitstraining und Brandschutzerziehung anbietet. Zukunftsweisende Wege verfolgt die LFKA mit der virtuellen, simulationsgestützen Aus- und Weiterbildung von Führungskräften „SAFER“ seit 2004 sowie mit einer neuzeitlichen Form des Fernstudiums: die Entwicklung von „eLearning“ und „blendedlearning“ im Rahmen des neuzeitlichen „eGovernments“, insbesondere bei der Ausbildung von Gruppenführern durch den „eGF“ seit 2007. Dabei hat die LFKA bundesweit Maßstäbe gesetzt. Während des Lock-Downs und des eingeschränkten Regelbetriebes zu Zeiten der Corona-Pandemie hat die LFKA ihr digitales Aus- und Weiterbildungsangebot erheblich erweitert und ausgebaut.

Autor: Hans-Peter Plattner, Annette Strobel Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel