Zeitlose Grundsätze für eine leistungsfähige Gefahrenabwehr

Zu Beginn des im 21. Jahrhunderts lassen sich aus der persönlichen Sicht der Verfasser die folgenden Grundsätze für eine leistungsfähige zivile, nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr, insbesondere für den Brand-, Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes in Deutschland entwickeln:

  • Die vielfältigen Sicherheitspartner im Bevölkerungsschutz - insbesondere die Gemeinden, Städte, Landkreise, die Länder und der Bund mit ihren verschiedenen Ressorts sowie die Hilfeleistungsorganisationen - kooperieren vertrauensvoll und gleichberechtigt auf der Grundlage abgestimmter Konzepte miteinander. Hier gilt:
    „Kooperation statt Konkurrenz.“

  • Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben bilden eine vernetzte Sicherheitsarchitektur, die sich organisch von den unteren Einsatz-, Führungs- und Verwaltungsebenen nach oben hin aufbaut und nicht umgekehrt von „oben“ nach „unten“. Hier gilt:
    „Bottom up“ anstelle von „Top down.“

  • Organisatorische, strategisch-konzeptionelle, taktische und technische Rahmenkonzepte der Länder und des Bundes (staatliche Aufgabenträger des Bevölkerungsschutzes) dienen insbesondere den Gemeinden, Städten und Landkreisen (kommunale Aufgabenträger des Bevölkerungsschutzes) als Handlungsempfehlungen und Handlungsanweisungen. Einheitliche Grundsätze lassen sich durch verbindliche Rahmenvorgaben der Länder und des Bundes, durch ein gemeinsames Einsatz- und Führungsverständnis und durch eine aufeinander abgestimmte Einsatzvorbereitung erzielen; sie bedürfen nicht zwingend der staatlichen Auftragsverwaltung. Hier gilt:
    „Einheit in der Vielfalt.“

  • Die kommunalen Aufgabenträger des Bevölkerungsschutzes benötigen einen Handlungsspielraum bei der Durchführung der Gefahrenabwehr auf der Grundlage der staatlichen Rahmenvorgaben. Der sogenannte „Durchgriff“ in Form einengender staatlicher Auftragsverwaltung durch die Länder und den Bund widerspricht sowohl dem Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung als auch der erfolgreichen Führungskonzeption „Führung mit Auftrag“, die in den Managementmethoden „Management by Objectives (Führen durch Zielvereinbarung)“ und „Management by Delegation (Führen durch Delegation)“ zu erkennen ist. Hier gilt:
    „Auftragstaktik anstelle Befehlstaktik.“

  • Die Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbst- und Nachbarschaftshilfe bei der Bevölkerung im Rahmen des Brandschutzes, der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes bildet die Grundlage der Gefahrenabwehr. Hier gilt:
    „Bevölkerungsschutz für den Bürger durch den Bürger.“

  • Erst wenn die Selbst- und Nachbarschaftshilfe an ihre Grenzen stoßen, setzt die  die behördliche Gefahrenabwehr ein, die auf die Eigeninitiative und Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger aufbaut. Die Kommunen und der Staat sind nicht in der Lage, die Gefahrenabwehr als unentgeltliche Dienstleistung und „Rundum-Sorglos-Paket“ anzubieten. Hier gilt:
    „Hilf Dir selbst, so hilft Dir Gott - und wenn nicht der die Feuerwehr.“

  • Ein flächendeckender und finanzierbarer Bevölkerungsschutz erfordert das freiwillig-ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger, um das erforderliche Einsatzpersonal in den Einheiten und Einrichtungen des Brandschutzes, der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes demokratiefest und zukunftssicher bereitzustellen. Derzeit wirken in Deutschland noch rund 1,5 Mio. Helferinnen und Helfer im Bevölkerungsschutz überwiegend freiwillig-ehrenamtlich mit. Hier gilt:
    „Frage nicht, was die Gesellschaft für Dich tut, sondern was Du für die Gesellschaft tun kannst. Hauptamt unterstützt das Ehrenamt.“

  • Der Bevölkerungsschutz setzt bei den politischen Entscheidungsträgern aller Ebenen die Einsicht in die Notwendigkeit einer leistungsfähigen Gefahrenabwehrstruktur voraus. Hier gilt:
    „Der Bevölkerungsschutz in allen seinen Bereichen ist eine hoheitliche Kernaufgabe zur Daseinsvorsorge. Der Bürger erwartet Taten und keine Lippenbekenntnisse und Sonntagsreden.“

  • Eine ausreichende Finanzierung und angemessene finanzielle Förderung des Brandschutzes, der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes durch alle Sachkostenträger ist unter Berücksichtigung der gegebenen, engen finanziellen Rahmenbedingungen sicherzustellen. Hier gilt:
    „Kein Bevölkerungsschutz nach Kassenlage. Kein Kaputtsparen der Gefahrenabwehr.“

  • Komplexe technische und politische Systeme mit einem hohen Gefahren- und Risikopotenzial, wie zum Beispiel Störfallbetriebe, Einrichtungen mit einer kritischen Infrastruktur, der Kampf gegen den internationalen Terrorismus oder die Landesverteidigung, erfordern eine effektive und effiziente Schaden- und Krisenprävention durch eine hohe Betriebssicherheit oder Konfliktverhütung, da die Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr nach dem Schadeneintritt begrenzt sind. Hier gilt:
    „Prävention geht vor Abwehr. Vorbeugen ist besser als helfen, schützen oder kämpfen.“

  • Unabhängig davon, ob der Brand- und Katastrophenschutz nach den Prinzipen der kommunalen Selbstverwaltung oder der staatlichen Auftragsverwaltung organisiert  wird, gilt es die gewählte Organisationsstruktur konsequent und nachhaltig umzusetzen und zu finanzieren. Hier gilt:
    „Machen ist wie wollen, nur krasser. Machen wir´s einfach gemeinsam!“
Autor: Hans-Peter Plattner, Annette Strobel Drucken voriges Kapitel