II. Vertikaler Finanzausgleich, insbesondere Mindestfinanzausstattung der Kommunen

Neben den bereits genannten Rechtsquellen verpflichtet Artikel 106 Abs. 7 Satz 1 GG konkret die Länder, den Gemeinden und Gemeindeverbänden vom Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern (Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer) – vom sog. obligatorischen Steuerverbund – ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zuzuweisen. Im Übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung im Rahmen des sog. fakultativen Steuerverbunds, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.

Dieses Steuerverbundmodell findet in Rheinland-Pfalz seit der Einführung des neuen LFAG zum 1. Januar 2023 keine Anwendung mehr, der Hundertsatz wird nur noch nachrichtlich mitgeteilt. Nach § 5 Abs. 2 LFAG berechnet sich die Steuerverbundquote aus dem Verhältnis der Finanzausgleichsmasse abzüglich des Aufkommens aus der Finanzausgleichsumlage nach § 30 LFAG und der sich aus den Übergangsregelungen und Abrechnungen nach § 8 LFAG ergebenden Beträge zu den Einnahmen des Landes aus den Gemeinschaftsteuern. Die Einnahmen des Landes aus den Gemeinschaftsteuern werden auf der Basis der geschätzten Einnahmen in dem zu planenden Haushaltsjahr berechnet.

Während also in den vergangenen Jahren den Kommunen eine aus Sicht des Landes aufgabenangemessene Finanzausstattung zur Verfügung gestellt wurde, ist seit 2023 nur noch eine Mindestfinanzausstattung garantiert. Die Mindestfinanzausstattung stellt die Finanzausstattung dar, die nach Auffassung des Landes gewährleistet, dass die kommunalen Gebietskörperschaften (genauer: die fünf Gebietskörperschaftsgruppen) in ihrer Gesamtheit in der Lage sind, ihre pflichtigen Aufgaben (Pflichtbereich) sowie ein Mindestmaß an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben (freiwilliger Bereich) wahrzunehmen. Die Mindestfinanzausstattung bestimmt sich aus der Differenz des kommunalen Mindestbedarfs zu den allgemeinen Deckungsmitteln. Die allgemeinen Deckungsmittel der gebildeten Gebietskörperschaftsgruppen umfassen die Steuerkraftmesszahl, sonstige Gemeindesteuern und Konzessionsabgaben, abzüglich der Umlage zur Deckung der Kosten der Zentralen Verwaltungsschule Rheinland-Pfalz und der Hochschule für öffentliche Verwaltung Rheinland-Pfalz sowie der Bezirksverbandsumlage. Bei den allgemeinen Deckungsmitteln bleibt ein durch das Land zu bestimmender Anteil als überschießende Einnahmen unberücksichtigt, soweit dieser nach pauschalierter Abschätzung den angemessenen Bedarf für Schlüsselzuweisungen der einzelnen Gebietskörperschaft übersteigen würde.

Zum kommunalen Mindestbedarf gehören der angemessene Bedarf der laufenden Rechnung und der investiven Rechnung für den Pflichtbereich sowie ein zusätzlicher Bedarf für den freiwilligen Bereich. Der angemessene Bedarf der laufenden Rechnung und der investiven Rechnung des Pflichtbereichs bestimmt sich anhand der Defizite der laufenden Rechnung und der investiven Rechnung des Pflichtbereichs der gebildeten Gebietskörperschaftsgruppen, die einer Angemessenheitsprüfung durch das Land unterzogen werden. Es werden im Rahmen des LFAG folgende Gebietskörperschaftsgruppen gebildet:

  • die Gruppe der kreisfreien Städte,
  • die Gruppe der Landkreise,
  • die Gruppe der verbandsfreien Gemeinden,
  • die Gruppe der Verbandsgemeinden und
  • die Gruppe der Ortsgemeinden.

Die großen kreisangehörigen Städte nach § 6 GemO werden innerhalb der verbandsfreien Gemeinden berücksichtigt, hier wird der Aufgabenunterschied bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen B berücksichtigt.

Zur Ermittlung der kommunalen Mindestfinanzausstattung wird für jede gebildete Gebietskörperschaftsgruppe der Bedarf auf der Grundlage einer wirtschaftlichen und sparsamen Aufgabenwahrnehmung (Angemessenheitsprüfung) hergeleitet. Bei der Angemessenheitsprüfung kann die wirtschaftliche und sparsame Aufgabenwahrnehmung pauschaliert mit Hilfe statistisch-mathematischer Verfahren ermittelt werden. Der Bedarf für den freiwilligen Bereich wird für die genannten Gebietskörperschaftsgruppen durch die Berücksichtigung von 75 % der nicht dem Pflichtbereich zugeordneten Defizite der laufenden und investiven Rechnung bestimmt.

Der Bedarf der laufenden Rechnung und der investiven Rechnung für den Pflichtbereich sowie der zusätzliche Bedarf für den freiwilligen Bereich ergeben in der Summe den (Mindest-) Bedarf für Schlüsselzuweisungen. Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich, die den angemessenen Bedarf für Schlüsselzuweisungen gemindert haben, sind zum Zweck der Ermittlung des kommunalen Mindestbedarfs hinzuzurechnen. Zusätzlich ist der im Landeshaushalt veranschlagte Betrag der Finanzzuweisung an den Bezirksverband-Pfalz hinzuzurechnen.

Die Finanzausgleichsmasse setzt sich insgesamt nach § 5 Abs. 1 LFAG wie folgt zusammen:

  • der Mindestfinanzausstattung nach § 6 LFAG,
  • dem Aufkommen aus der Finanzausgleichsumlage nach § 30 LFAG (s. dazu auch unter IV.),
  • dem Symmetrieansatz nach § 7 LFAG und
  • den sich aus den Übergangsregelungen und Abrechnungen nach § 8 LFAG ergebenden Beträgen.

Die Aufgaben der kommunalen Ebene und der Landesebene sind auch verfassungsrechtlich grundsätzlich von gleichrangiger Bedeutung. Daher soll der Symmetrieansatz nach dem LFAG Unterschiede zwischen dem Land und den Kommunen ausgleichen und folgt damit dem VGH RP in seinem Urteil vom 16. Dezember 2020. Dieser führt aus, dass angesichts der erwähnten grundsätzlichen Gleichwertigkeit von staatlichen und kommunalen Aufgaben der vertikale Finanzausgleich im Ausgangspunkt durch den Grundsatz der Verteilungssymmetrie bestimmt wird, der eine gleichmäßige und gerechte Aufteilung der verfügbaren Finanzmittel auf die verschiedenen Ebenen gebietet. Zwischen den Anteilen des Landes und den Anteilen der kommunalen Gebietskörperschaften an den Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben des Landes und der kommunalen Gebietskörperschaften zusammen ist ein symmetrisches Verhältnis anzustreben. Zur Beobachtung der Verteilungssymmetrie vergibt das Land alle drei Jahre ein Gutachten, in dem nach finanzwissenschaftlichen Standards die Symmetrie in den zehn letzten statistisch nachgewiesenen Haushaltsjahren untersucht und wesentliche Veränderungen identifiziert werden.

Bei den gesetzlich geregelten Übergangsregelungen und Abrechnungen ist zu berücksichtigen, dass das Aufkommen der Finanzausgleichsumlage nach § 30 LFAG im Landeshaushaltsplan veranschlagt und nach Ablauf des Haushaltsjahres endgültig errechnet wird. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ansatz und dem endgültigen Aufkommen wird spätestens im dritten folgenden Haushaltsjahr verrechnet und im Ansatz für Übergangsregelungen und Abrechnungen gesondert ausgewiesen.

Eine zusätzliche Beanspruchung der Finanzausgleichsmasse ist ebenfalls spätestens mit der Finanzausgleichsmasse des dritten folgenden Haushaltsjahres zu verrechnen und werden ebenfalls im Ansatz für Übergangsregelungen und Abrechnungen gesondert ausgewiesen.

Im Ergebnis steht die Finanzausgleichsmasse, die auf die Kommunen nach den Vorgaben des LFAG verteilt wird. Sie wird auf die allgemeinen Finanzzuweisungen und die zweckgebundenen Finanzzuweisungen aufgeteilt. Die Beträge der allgemeinen und der zweckgebundenen Finanzzuweisungen werden im Landeshaushaltsplan festgesetzt.

Autor: Horst Meffert, Jürgen Hesch Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel