Formelle Voraussetzungen des Bürgerbegehrens
In § 17 a Abs. 3 und 4 GemO sind die formellen Voraussetzungen eines Bürgerbegehrens enthalten, bei deren Vorliegen der Bürgerentscheid durchgeführt werden muss, wenn der Gemeinderat die mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen nicht von sich aus beschließt (§ 17 a Abs. 5 GemO).
Nach § 17 a Abs. 3 GemO sind für das Zustandekommen des Bürgerbegehrens die Unterschriften von 5 bis 9 v. H. (gestaffelt nach Einwohnern) der bei der letzten Wahl zum Gemeinderat festgestellten Zahl der wahlberechtigten Einwohner notwendig. Das Antragsquorum wurde durch das Landesgesetz zur Verbesserung direktdemokratischer Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 477) weiter herabgesetzt. Ferner wurde das Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlags gestrichen und durch eine mit der Aufsichtsbehörde abgestimmte Kostenschätzung der Verwaltung vor Durchführung des Bürgerentscheids ersetzt. Hintergrund dieser Gesetzesänderungen wären die von der Enquete-Kommission 16/2 „Bürgerbeteiligung“ ausgesprochenen Empfehlungen zur Optimierung der Bürgerbeteiligung in Kommunen. Als größte Hürden erwiesen sich nämlich die zu hohen Quoren bei Einwohnerantrag und Bürgerbegehren/Bürgerentscheid sowie die Notwendigkeit eines Kostendeckungsvorschlags.
Das Bürgerbegehren ist schriftlich bei der Gemeindeverwaltung einzureichen, es muss die zu entscheidende Gemeindeangelegenheit in Form einer mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantwortenden Frage und eine Begründung enthalten sowie bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, das Bürgerbegehren zu vertreten. Die Benennung dieser bis zu drei Personen als Vertreter des Bürgerbegehrens muss nicht auf der Unterschriftenliste selbst erfolgen; es reicht aus, wenn die Benennung schriftlich mit der Einreichung des Bürgerbegehrens durch die Initiatoren erfolgt. Sofern die mit dem Bürgerbegehren verfolgte Maßnahme mit Kosten für die Gemeinde verbunden ist, hat die öffentliche Bekanntmachung auch eine von der Gemeindeverwaltung, in Ortsgemeinden von der Verbandsgemeindeverwaltung, in Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde vorgenommene Einschätzung der voraussichtlichen Kosten zu enthalten (§ 17 a Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 GemO).
Das Begehren muss so formuliert sein, dass das sachliche Anliegen hinreichend und zweifelsfrei auf den Unterschriftenlisten hervortritt und der Gemeinderat in Wahrnehmung seiner Kompetenz zur Zulassung des Bürgerentscheids in die Lage versetzt ist, die Abstimmungsfrage hinreichend bestimmt in der gemäß § 17 a Abs. 3 Satz 2 GemO erforderlichen Form einer mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantwortenden Frage zu fassen. Mithin sind an die geforderte Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Nach Streichung des Kostendeckungsvorschlags als Zulässigkeitsvoraussetzung bedarf es eines anderen Mittels, den Bürgerinnen und Bürgern die wirtschaftlichen Auswirkungen der mit dem Bürgerbegehren verfolgten Maßnahme auf das Gemeindevermögen vor Augen zu führen. Die nunmehr zu erbringende Kosteneinschätzung wird aufgrund der größeren Sachnähe und der vorhandenen Kenntnisse von der Gemeindeverwaltung bzw. in Ortsgemeinden von der Verbandsgemeindeverwaltung vorgenommen. Um eine objektive Bewertung zu gewährleisten, muss die Kostenschätzung jedoch mit der zuständigen Aufsichtsbehörde abgestimmt sein. Die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens können in der öffentlichen Bekanntmachung eine eigene Bewertung der voraussichtlich anfallenden Kosten abgeben. Unabhängig davon ist ihnen nach § 17 a Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 vor der öffentlichen Bekanntmachung der Kostenschätzung der Verwaltung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Bezieht sich das Bürgerbegehren auf die Aufhebung eines Beschlusses des Gemeinderats (sog. Beschlussabwehrendes Begehren), so kommt als weitere Voraussetzung hinzu, dass es innerhalb einer Ausschlussfrist von vier Monaten nach der Beschlussfassung eingereicht sein muss (§ 17 a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GemO).
Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheidet nach § 17 a Abs. 4 Satz 2 GemO der Gemeinderat nach vorheriger Anhörung der Begehrensvertreter; die Gültigkeit der Unterschriften wird zuvor von der Gemeinde- bzw. Verbandsgemeindeverwaltung geprüft. Gegen die Entscheidung des Gemeinderats, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen, ist unmittelbar Klage beim Verwaltungsgericht zulässig, da es sich insoweit um ein Kommunalverfassungsstreitverfahren zwischen dem Organ Gemeinderat einerseits und dem (Quasi-Organ) Bürgerbegehren andererseits handelt.