4. Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Zivilrechtsschutz

Da gerade Posts in den sozialen Medien oder herabwürdigende Äußerungen in der Öffentlichkeit sehr unangenehm sein können, geht es den betroffenen Personen nicht allein darum, dass diese strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Vielmehr ist es meist ein großes Anliegen, dass die Beiträge gelöscht oder richtiggestellt werden. Dieses kann im Wege einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung bewirkt werden.

Meinungsfreiheit endet bei Beleidigungen und Schmähkritik

Das Recht auf Meinungsfreiheit ist verfassungsrechtlich verbürgt. Das Recht, die eigene Meinung – gegebenenfalls auch gegen die Ratsmehrheitsmeinung – kundzutun, gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen ist überschritten, sobald die Äußerung allein dem Zweck dient, die betroffene Person zu diffamieren bzw. in ihrem Ehr- und Achtungsanspruch zu verletzen – es liegt dann eine sog. Schmähkritik vor.[1] Gleiches gilt, wenn sich die Äußerung als Formalbeleidigung oder als Angriff auf die Menschenwürde darstellt.[2] Schmähkritik und Beleidigungen können strafrechtlich relevant sein. Überdies kann man hiergegen auf dem Zivilrechtsweg vorgehen (s.u.). Der Begriff der Schmähkritik ist im Interesse der Meinungsfreiheit eng auszulegen.[3] Nach Auffassung des Landgerichts Halle[4] muss es ein Kommunalpolitiker daher hinnehmen, im Zusammenhang mit Kritik an seinem politischen Wirken als „stadtbekannter Versager“ bezeichnet zu werden. Auch die während einer Ratssitzung erfolgende Titulierung eines Ratsmitglieds als „Dummschwätzer“ kann im Rahmen einer Sachauseinandersetzung zulässig sein, wenn der mit der Äußerung Bedachte nach Auffassung des Äußernden „dumme“ Aussagen getroffen hat (hier: „Der B. war auf einer Schule? – Das kann ich gar nicht glauben!“).[5] Letztlich handelt es sich jedoch immer um Einzelfallentscheidungen.

Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass Personen des öffentlichen Lebens und Amtsträgerinnen und Amtsträger scharfe Angriffe nicht hinnehmen müssen, bloß weil sie Politiker sind.[6] Es hob hervor, dass insbesondere unter den Bedingungen der Verbreitung von Informationen durch „soziale Netzwerke“ im Internet ein wirksamer Schutz der Persönlichkeitsrechte von Amtsträgerinnen und Amtsträgern sowie Politikerinnen und Politikern über die Bedeutung für die jeweils Betroffenen hinaus im öffentlichen Interesse liegt, was das Gewicht dieser Rechte in der Abwägung verstärken kann: „Denn eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft kann nur erwartet werden, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist.“ Das bei der Abwägung anzusetzende Gewicht der Meinungsfreiheit ist nach Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, und umso geringer, je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen geht. In die Abwägung ist daher gemäß Bundesverfassungsgericht einzustellen, ob die Privatsphäre der Betroffenen oder ihr öffentliches Wirken mit seinen – unter Umständen weitreichenden – gesellschaftlichen Folgen Gegenstand der Äußerung ist und welche Rückwirkungen auf die persönliche Integrität der Betroffenen von einer Äußerung ausgehen können. Zulässige Machtkritik und die vorherige eigene Wortmeldung erlauben nicht jede auch ins Persönliche gehende Beschimpfung von Amtsträgerinnen und Amtsträgern oder Politikerinnen und Politikern.[7]

Falsche Tatsachenbehauptungen

Gegen falsche Tatsachenbehauptungen kann zivilrechtlich vorgegangen werden. Eine Tatsachenbehauptung liegt vor, wenn der Inhalt der Äußerung einer objektiven Klärung zugänglich und als etwas Geschehendes oder Bestehendes dem Wahrheitsbeweis offen steht.[8] Anders als Meinungen sind Tatsachenbehauptungen somit am Maßstab der Wahrheit oder Unwahrheit zu messen.[9] Äußert sich ein Bürger in den sozialen Netzwerken über die Fassung von Beschlüssen, die im öffentlichen Teil der Sitzung erfolgten und sind diese entweder überhaupt nicht oder nicht in der dargestellten inhaltlichen Ausgestaltung erfolgt, stellt dieses in der Regel eine Tatsachenbehauptung dar. So macht es einen Unterschied, ob der Verkauf eines Grundstücks beschlossen wurde oder eine von der Gemeinde abzugebende Stellungnahme im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens.

Meinungsäußerungen im Grenzbereich

In der Praxis treten oftmals Abgrenzungsschwierigkeiten auf, ob es sich bei der beanstandeten Aussage um eine zulässige Meinungsäußerung oder eine (unwahre) Tatsachenbehauptung handelt. Dies kann der Fall sein bei gemischten Äußerungen, welche sowohl Tatsachen als auch Werturteile enthalten, oder bei Tatsachenbehauptungen, die zwar nicht ausdrücklich aufgestellt werden, sondern sich zwischen den Zeilen herauslesen lassen. Maßgeblich ist in diesen Fällen, welcher Gehalt der Äußerung nach Auffassung des angesprochenen Durchschnittsadressaten überwiegt.[10] Auch darf bei der Beurteilung nicht auf einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Textpassagen abgestellt werden, sondern die Behauptung ist im Kontext der gesamten Berichterstattung zu würdigen.[11] So musste sich z. B. das Landgericht Koblenz[12] mit einer Berichterstattung in einer Online-Zeitung auseinandersetzen, in welcher über den Tod eines Jungen berichtet wurde, der sich mit der Schrotflinte seines Vaters, einem Jäger, das Leben genommen hatte. In dem Bericht wurde der unzutreffende Eindruck erweckt, der zuständige Landrat sei gänzlich untätig geblieben und habe dem angeblich trunksüchtigen Jäger pflichtwidrig die waffenrechtliche Erlaubnis nicht entzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür vorgelegen hätten. Der Landrat habe daher „Blut an seinen Händen“ und trage eine Mitschuld am Tod des Jungen. Die – wie sich im Verfahren herausgestellt hatte – nachweislich unrichtige Behauptung, der Landrat sei pflichtwidrig untätig geblieben und habe die Entziehung der waffenrechtlichen Erlaubnis nicht überprüft, stellt eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die untersagungsfähig ist, während die Frage, wer schuld am Tod des Jungen ist, eher als hinzunehmende Meinungsäußerung zu qualifizieren sein kann, solange die Schlussfolgerung nicht auf einer falschen Tatsachengrundlage basiert.[13]

Zivilrechtliche Handlungsoptionen

Liegt eine falsche Tatsachenbehauptung oder eine unzulässige Meinungsäußerung vor, kann die betroffenen Person einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Voraussetzung ist eine Wiederholungsgefahr, die bereits durch den einmaligen Verstoß indiziert wird. Mindestens genauso wichtig wie der Wunsch, dass künftig keine falschen Informationen verbreitet werden, ist in der Regel der Wunsch, dass die Behauptung auch in dem verwendeten Medium widerrufen bzw. richtiggestellt wird oder eine Gegendarstellung erfolgt. Bei Meinungsäußerungen oder unzulässiger Schmähkritik ist dieses nicht möglich. Hiergegen kann man nur im Wege des Unterlassungsanspruchs vorgehen. Werden aber unwahre Tatsachen verbreitet, kommt ein Anspruch auf Widerruf oder einer Gegendarstellung in Betracht.


[1]   BVerfG, NJW 1993, 1462; BVerfG, NJW 1995, 3303; BGH, NJW 2002, 1192.

[2]   BVerfG, NJW 1987, 2661; BVerfG, NJW 1999, 1322.

[3]   BVerfG, NJW-RR 2000, 1712 m.w.N.

[4]   LG Halle, AfP 1995, 421.

[5]   BVerfG, NJW 2009, 749.

[6]   BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2021 (1 BvR 1073/20) „Renate Künast“.

[7]   BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2021 (1 BvR 1073/20) „Renate Künast“.

[8]   BVerfG, AfP 1994, 126; BVerfG, NJW 2003, 178; BGH, NJW 1998, 1223.

[9]   Löffler/Ricker, Kap. 42, Rn. 22.

[10]  Löffler/Ricker, Kap. 42, Rn. 23.

[11]  BVerfG, NJW 2003, 278; BVerfG, NJW 2003, 1109; BVerfG, NJW 1995, 3005.

[12]  LG Koblenz, Az.: 13 O 2/09 – das Verfahren wurde durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

[13]  So auch die vom Landgericht Koblenz, Az. 13 O 2/09, in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2009 geäußerte Rechtsauffassung, entsprechend erfolgte eine vergleichsweise Einigung der Parteien.