I. Rechtsgrundlagen und ihre Weiterentwicklung

Maßgebliche Rechtsvorschriften sind das Landesjagdgesetz (LJG) vom 9. Juli 2010, die Landesjagdverordnung (LJVO) vom 25. Juli 2013 sowie die Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Landesjagdgesetzes vom 23. Februar 2011.

Mit dem Landesjagdgesetz hat Rheinland-Pfalz im Jahr 2010 als erstes Bundesland in Deutschland von der im Zuge der Föderalismusreform geschaffenen Abweichungskompetenz für den Bereich des Jagdwesens (Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GG) Gebrauch gemacht und eine eigenständige, umfassende Kodifizierung des Jagdrechts geschaffen. Als abweichungsfeste Angelegenheit des Bundes ist davon lediglich das Recht der Jagdscheine ausgenommen.

Das Land Rheinland-Pfalz machte hinsichtlich späterer Änderungen des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) von seiner Abweichungskompetenz keinen Gebrauch. § 6a BJagdG („Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen“) findet seit 6. Dezember 2013 und § 28a BJagdG („Invasive Arten“) findet seit 15. März 2018 in Rheinland-Pfalz unmittelbar Anwendung.

In der Legislaturperiode 2021 bis 2026 beabsichtigt die Landesregierung eine Weiterentwicklung der jagdrechtlichen Vorschriften. Leitgedanken sind u. a. die Wahrung des Jagdrechts als Eigentumsrecht und die Stärkung der Grundeigentümer als Jagdrechtsinhaber, die Formulierung inhaltlicher Anforderungen an die Jagd und die Hege, die Anpassung der Rechtsnormen an die Erfordernisse einer klimaresilienten Waldentwicklung, die Stärkung tierschutz- und naturschutzfachlicher Anforderungen, die Sicherstellung einer zweckmäßigen Jagdverwaltung sowie die Vereinfachung des Wildschadensverfahrens. In einem ersten Schritt wurden die bestehenden Rechtsvorschriften hinsichtlich ihrer Rechtsbestimmtheit, Anwendbarkeit und Wirkung evaluiert. Ein im Dezember 2021 vorgelegtes umfangreiches Evaluierungspapier benennt und begründet zentrale Diskussionspunkte.

Anfang Juli 2023 stellte die Landesregierung den Gesetzentwurf für eine vollständige Neufassung des Landesjagdgesetzes vor und eröffnete das Anhörungsverfahren. Der Gesetzentwurf hat zu landespolitischen Diskussionen geführt und stößt bei den berührten Verbänden auf ein geteiltes Echo. Das Gesetzgebungsverfahren soll im Jahr 2025 abgeschlossen werden.

Aus Sicht des Gemeinde- und Städtebundes müssen die jagdrechtlichen Vorschriften vor allem an die Erfordernisse einer klimaresilienten Waldentwicklung angepasst werden. Als Folge des Klimawandels ist der Wald in weiten Teilen von Rheinland-Pfalz heute bedroht. Der Aufbau klimastabiler Wälder stellt die zentrale Herausforderung dar, die im Interesse künftiger Generationen gestaltet werden muss. Naturnahe Mischwälder, die sich vornehmlich aus heimischen Laub- und Nadelbaumarten unterschiedlichen Alters zusammensetzen und natürlich verjüngen, sind das Ziel. Dies erfordert, zumindest regional und temporär, deutlich verringerte Schalenwildbestände.

Niemals gab es so viel Schalenwild wie heute. Die Freiflächen infolge von Borkenkäfer und Dürre, die seit dem Jahr 2018 großflächig auftreten, bieten nochmals verbesserte Lebens- und Vermehrungsbedingungen. Die Wiederbewaldung und der laufende Waldumbau, die in erheblichem Umfang mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, dürfen nach Auffassung des Gemeinde- und Städtebundes nicht an überhöhten Schalenwildbeständen scheitern. Zäune und Einzelschutzmaßnahmen allein sind keine probaten Mittel.

Der Erhalt des Waldes mit seinen vielfältigen Funktionen liegt im gesamtgesellschaftlichen Interesse. Ein intakter Wald ist von zentraler Bedeutung, insbesondere für die Erreichung der Klimaschutzziele.

Autor: Dr. Stefan Schaefer Drucken nächstes Kapitel