7. Einmalige und wiederkehrende Straßenbeiträge

Für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen (insbesondere Anbaustraßen) werden Erschließungsbeiträge nach den §§ 127 ff. BauGB erhoben.

Für Maßnahmen an bereits fertigen Straßen (insbesondere Erneuerung, aber auch Umbau, Verbesserung und Erweiterung) sind (einmalige oder wiederkehrende) Straßenausbaubeiträge nach dem landesrechtlichen Kommunalabgabengesetz zu erheben.

Der Hauptanwendungsfall des Ausbaus, nämlich die Erneuerung, setzt beitragsrechtlich voraus, dass die übliche Nutzungsdauer der Straße, die mit mindestens 20 Jahren anzusetzen ist, abgelaufen ist, die Verkehrsanlage tatsächlich schadhaft und damit erneuerungsbedürftig ist und dass die Maßnahme von Intensität und Umfang her über eine (beitragsfreie) laufende Unterhaltung und Instandsetzung (z. B. bloße Reparatur von Schlaglöchern) hinausgeht.

Während beim Einmalbeitrag nur die Anlieger an der ausgebauten Straße zu zahlen haben werden beim wiederkehrenden Beitrag (WKB) alle Anlieger des Straßennetzes (Abrechnungseinheit) gleichermaßen zu den Kosten für den Ausbau von Straßen herangezogen.

Für den Anlieger bedeutet der (klassische) Einmalbeitrag meist, dass er „auf einen Schlag“ viele Tausend Euro zu zahlen hat. Deutliche Kostensteigerungen beim zeitgemäßen Straßenbau einerseits und die wirtschaftliche Situation vieler Grundstückseigentümer andererseits erhöhen den Druck auf alle Beteiligten. Vor dem Hintergrund der drohenden Beitragsbelastung versuchen vielerorts die Anlieger, den Straßenausbau vehement zu verhindern. Aus der Praxis hat sich daher die Frage entwickelt, wie die Beitragserhebung sozial ausgewogener und weniger finanziell belastend, verbunden mit einer höheren Akzeptanz bei Bürgern und Kommunen gestaltet werden kann. Diese und weitere Erwägungen haben die Entwicklung, Einführung und Verbreitung des wiederkehrenden Straßenbeitrags maßgeblich beeinflusst. Bei diesem werden alle Anlieger des Straßennetzes (und nicht nur diejenigen an der ausgebauten Straße) an den Kosten des Straßenausbaus beteiligt. Für den Anlieger bedeutet dies, dass er zwar wiederkehrend (d. h. in der Regel jährlich) Ausbaubeiträge zu entrichten hat, die aber meist nur im zweistelligen oder unteren dreistelligen Eurobereich liegen. Der wiederkehrende Beitrag darf allerdings nur für die Jahre erhoben werden, in denen die Gemeinde tatsächlich Aufwendungen im Straßenausbau getätigt hat (VG Neustadt, Beschluss vom 2. März 2012, 1 L 113/12.NW); er soll also nicht als „Spardose“ dienen.

Nachdem einige Bundesländer die Straßenbeiträge abgeschafft haben, fanden (und finden) auch in Rheinland-Pfalz intensive Diskussionen über eine mögliche Abschaffung statt. Während sich die kommunalen Spitzenverbände einmütig und nachdrücklich für die Beibehaltung der Straßenausbaubeiträge ausgesprochen haben, wurde deren Abschaffung von den Oppositionsparteien und einigen Interessenverbänden gefordert.

Das Land hat im Zuge dieser Diskussion mit Gesetz vom 5. Mai 2020 (GVBl. vom 8. Mai 2020, S. 158 f.) die grundsätzlich flächendeckende Einführung des wiederkehrenden Straßenausbaubeitrags beschlossen. „Die Beitragserhebung in Gestalt von einmaligen Straßenausbaubeiträgen wird grundsätzlich abgeschafft“, so die deutliche Aussage in der Gesetzesbegründung (LT-Drucksache 17/11094, S. 1). Auch die Gemeinden und Städte, die bis dato noch einmalige Straßenausbaubeiträge erheben, haben nunmehr – unter Einräumung einer Übergangsfrist – umzustellen.

Lediglich Parkflächen (gemeint sind selbständige Parkplätze), Grünanlagen und Immissionsschutzanlagen dürfen weiterhin über einmalige Beiträge nach § 10 KAG abgerechnet werden. Bei den Grünanlagen und Parkflächen besteht aber auch die Möglichkeit, diese in einheitliche öffentliche Einrichtungen beim WKB einbeziehen (§ 10 a Abs. 1 letzter Satz KAG).

In § 10 a Abs. 1 Satz 7 KAG ist zwar als weitere Ausnahme der Fall genannt, in dem die Bildung einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung aus Rechtsgründen nicht möglich sein soll. Nachdem aber nunmehr auch eine einzelne Verkehrsanlage die einheitliche öffentliche Einrichtung darstellen kann (so ausdrücklich § 10 a Abs. 1 Satz 5 KAG), was bis dato von der Rechtsprechung als unzulässig betrachtet worden ist, und auch größere Abrechnungsgebiete möglich sein sollen als bisher von der Rechtsprechung angenommen, sind kaum noch Fälle vorstellbar, bei denen die Erhebung von Einmalbeiträgen noch möglich sein könnte.

Als Übergangsregelung wurde in Artikel 3 des Änderungsgesetzes zum KAG folgendes vorgesehen:

„Abweichend von Artikel 4 können die Gemeinden für den Ausbau öffentlicher und zum Anbau bestimmter Straßen, Wege und Plätze einmalige Beiträge nach § 10 des Kommunalabgabengesetzes in der bisherigen Fassung erheben, sofern mit dem Ausbau bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wurde. Als Beginn sind grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages sowie die Aufnahme von Eigenarbeiten zu werten. Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb gelten nicht als Beginn des Vorhabens.“

Dementsprechend sind also durchaus Konstellationen vorstellbar, in denen auch noch einige Jahre über den 1. Januar 2024 hinaus weiterhin Einmalbeiträge erhoben werden können.

Das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 4. Juni 2019, 6 A 11610/18.OVG) lässt auch eine rückwirkende Einführung des wiederkehrenden Ausbaubeitrags zu und hat festgehalten:

„Bis zum Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten zur Entrichtung einmaliger Ausbaubeiträge ist ein satzungsrechtlicher Systemwechsel in Gestalt der Einführung wiederkehrender Ausbaubeiträge möglich.“

Die sachliche Beitragspflicht beim Einmalbeitrag entsteht, wenn die Maßnahme technisch abgeschlossen und der beitragsfähige Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung. Liegt diese noch nicht vor, können auch noch für laufende oder bereits technisch abgeschlossene Maßnahmen rückwirkend wiederkehrende Beiträge eingeführt werden. Die bereits erfolgte Erhebung von Vorausleistungen steht dem nicht grundsätzlich entgegen, wobei allerdings überschüssige Vorausleistungen zu erstatten sind.

Ein Nebeneinander von Einmalbeiträgen und wiederkehrenden Beiträgen ist in der Übergangszeit noch möglich. Die Gemeinde kann also in einem abgrenzbaren Teil ihres Gebietes Einmalbeiträge erheben und in einem anderen Gebietsteil wiederkehrende Beiträge praktizieren (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Juni 2020, 6 C 10927/19.OVG).

Beitragspflichtig sind beim wiederkehrenden Straßenbeitrag alle baulich oder in ähnlicher Weise nutzbaren Grundstücke, bei denen die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zuganges zu einer der Verkehrsanlagen der Abrechnungseinheit besteht (§ 10 a Abs. 2 KAG). Außenbereichsgrundstücke sind beim WKB (ebenso wie beim Einmalbeitrag für Erschließung und Ausbau) nicht beitragspflichtig (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. März 2002, 6 A 11508/01; Urteil vom 20. November 2007, 6 C 10601/07.OVG).

Nach der neueren Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 5. September 2023, 6 C 10098/23.OVG) unterliegen der Beitragspflicht nicht nur die an einer Straße der Abrechnungseinheit gelegenen Grundstücke. Vielmehr kommt auch bei sonstigen (Innenbereichs-) Grundstücken, die an Wirtschaftswegen und an unfertigen und/oder nicht gewidmeten Straßen gelegen sind, eine Zahlungspflicht in Betracht, wenn diese mittelbar (z.B. über ein Notwegerecht) Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz erfahren.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 25. Juni 2014 (1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10) den wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag in Rheinland-Pfalz und die (damalige) gesetzliche Regelung in § 10 a KAG ausdrücklich bestätigt. Allerdings sei unter verfassungskonformer Auslegung des § 10 a KAG darauf zu achten, dass die beitragspflichtigen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil erfahren. Danach müssen Großstädte oder Gemeinden mit einem nicht zusammenhängenden Gebiet beim wiederkehrenden Straßenbeitrag regelmäßig in mehrere Abrechnungseinheiten aufgeteilt werden. Dies hat nun auch in der Gesetzesänderung von 2020 entsprechenden Niederschlag gefunden.

Sowohl beim wiederkehrenden als auch beim einmaligen Ausbaubeitrag ist ein Gemeindeanteil vom Gesamtaufwand abzuziehen, der dem nicht den Beitragsschuldnern zuzurechnenden Verkehrsaufkommen entspricht. Er ist beim wiederkehrenden Beitrag vom Gemeinderat in der Satzung festzulegen und liegt je nach den konkreten örtlichen Gegebenheiten meist zwischen 25 und 35 Prozent.

Im Erschließungsbeitragsrecht, wo es um die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen geht, findet eine deutlich stärkere Belastung der Anlieger statt, denn hier beträgt der Gemeindeanteil meist nur 10 Prozent (§ 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB).

Autor: Horst Meffert, Dr. Gerd Thielmann Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel