I. Wasserversorgung
In Rheinland-Pfalz ist – anders als in den meisten anderen Bundesländern – die zentrale Versorgung der Bevölkerung mit Trink- und Brauchwasser Pflichtaufgabe der kommunalen Selbstverwaltung. Aufgabenträger sind seit dem Aufgabenübergang 1975 die kreisfreien Städte, die verbandsfreien Gemeinden sowie die Verbandsgemeinden (§ 48 Abs. 1 Satz 1 LWG) sowie deren Zusammenschlüsse, insbesondere die zahlreichen Wasserversorgungszweckverbände (§ 48 Abs. 3 LWG). Dessen ungeachtet haben andere Trägerschaften aus früheren Zeiten Bestand, soweit sie eine ordnungsgemäße Wasserversorgung zu angemessenen Bedingungen gewährleisten können. Dazu gehören neben einigen Landkreisen auch einige noch bestehende Wasservereine und Wassergenossenschaften; in ganz wenigen Einzelfällen sind auch Ortsgemeinden Träger der Wasserversorgung geblieben. Angesichts zunehmender Anforderungen der Trinkwasserverordnung können solche, teils ehrenamtlich geführten Wasserversorger, ihre Aufgaben immer weniger ordnungsgemäß erfüllen.
Die materielle Privatisierung der Wasserversorgung, also die Übertragung der Aufgabe als solche, ist seit 2004 nicht mehr zulässig; bereits vollzogene Aufgabenprivatisierungen haben Bestandsschutz (§ 49 LWG). Zulässig ist – analog zur Abwasserbeseitigung – nur noch die Übertagung der Durchführung der Aufgabe auf private Dritte. Dies setzt voraus, dass die Versorgung zu angemessenen Preisen dauerhaft sichergestellt ist, Gründe des Gemeinwohls nicht entgegenstehen und etwaige Verkaufserlöse für Anlagen der Wasserversorgungseinrichtung und damit dem Wasserpreis zu Gute kommen; zudem ist die Genehmigung der oberen Wasserbehörde erforderlich.
Zur Aufgabe der Wasserversorgung gehört auch die Vorhaltung von Löschwasser für den Brandschutz – aber nur, soweit dies erstens mit der leitungsgebundenen Wasserversorgung verbunden ist und dies die Gesundheitsvorsorge und Hygiene nicht gefährdet (§ 48 Abs. 1 Satz 2 LWG). Die leitungsgebundene Löschwasservorhaltung endet dort, wo die nach der Trinkwasserverordnung notwendige Trinkwasserqualität nicht mehr gewahrt werden kann, insbesondere wegen der Verkeimungsgefahr auf Grund langer Standzeiten. An dieser Stelle sind die Änderungen des § 48 Abs. 1 LWG und in Verbindung mit dem geänderten § 3 Abs. 1 LBKG von 2019 zu beachten.[1] Dort wurde u.a. klargestellt, dass eine (ergänzend oder ggf. sogar alternativ erforderliche) nicht leitungsgebundene Löschwasservorhaltung, beispielsweise durch Tankfahrzeuge, Zisternen, Teiche oder Entnahme aus einem nahegelegenen Gewässer, Aufgabe des Trägers des Brandschutzes ist und nicht zur Wasserversorgung gehört. Im Gegenzug wurde im Kommunalabgabengesetz klargestellt, dass die Kosten für die leitungsgebundene Löschwasservorhaltung in die Entgelte Wasserversorgung einkalkuliert werden dürfen.[2]
In Rheinland-Pfalz ist fast die gesamte Bevölkerung an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen; lediglich rund 6.000 Einwohner beziehen ihr Trinkwasser einer Eigenwasserversorgung (z. B. Hausbrunnen). Haushalte und Kleingewerbe (Letztverbraucher) bezogen 2019 rund 187 Mio. m³ Wasser in Trinkwasserqualität, das sind 126 Liter je Tag und Einwohner. Dabei nahm der Wasserverbrauch in den letzten Jahren erstmals wieder zu; 2013 lag er noch bei 119 Liter. Hinzu kommt der industrielle und sonstige (z. B. Beregnung in der Landwirtschaft) Wasserverbrauch, der unverändert bei gut 40 Mio. m³ liegt.[3]
Einen Mangel an Wasser gibt es in Mitteleuropa im Ganzen gesehen nicht. In Deutschland werden bei Niederschlägen von jährlich rund 200 Mrd. m3 nur ca. 5 Mrd. m3 für die Trinkwasserversorgung genutzt. Dessen ungeachtet gilt der Vorrang der ortsnahen Wasserversorgung (§ 50 Abs. 2 WHG) und jedermann ist verpflichtet, sparsam mit dem Trinkwasser umzugehen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WHG). Die kommunalen Aufgabenträger wirken bei den Verbrauchern auf einen sorgsamen Umgang mit Wasser hin (z. B. Wasser sparende Armaturen und Geräte) und minimieren ihre eigenen Wasserverluste (§ 50 Abs. 3 WHG).
In Rheinland-Pfalz werden mehr als 90 % des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen. Zum Schutz der Grundwasservorräte vor qualitativen Beeinträchtigungen sind wegen der langen Fließwege – teils sind es Jahrhunderte – langfristige Strategien erforderlich. Das wichtigste Instrument ist die Festsetzung von Wasserschutzgebieten, um den Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser so weit wie möglich zu minimieren. Zuständig dafür sind die oberen Wasserbehörden bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen. Darüber hinaus dürfte in den intensiv landwirtschaftlich genutzten Regionen (z. B. Rheinebene) zum Schutz potenzieller Trinkwasservorkommen vor übermäßigen Nitratkonzentrationen vielfach eine Reduzierung der Düngegaben unumgänglich werden.
Infolge des Klimawandels verändert sich allerdings die Grundwasserneubildung – eine der großen Herausforderungen für die öffentliche Wasserversorgung. Die Neubildungsrate geht bereits seit dem Hitzesommer 2003 zurück – ein Trend, der aller Voraussicht nach weiter anhalten wird. Probleme mit zeitweiser regionaler Wasserknappheit werden daher tendenziell zunehmen. Dem wird mit Verbundnetzen bzw. Versorgungsverbünden begegnet. Die damit verbundenen meist hohen Investititonen werden aktuell großzügig finanziell durch das Land gefördert. Zur Verbesserung der Grundwasserneubildung kann auch die Entsiegelung befestigter Flächen und dezentrale Versickerung von Niederschlagswasser beitragen.
Gemäß Trinkwasserverordnung (TrinkwV)[4] haben die Wasserversorgungsunternehmen sicherzustellen, dass das Trinkwasser am Übergabepunkt in die Hausinstallation (i. d. R. am Wasserzähler) den Anforderungen an die Trinkwasserqualität genügt. Dazu ist in der Regel eine Wasseraufbereitung im Wasserwerk erforderlich. Die Trinkwasserqualität auch im Bereich der Hausinstallation sicherzustellen, ist dagegen alleine Sache des jeweiligen Betreibers (sog. Kundenanlage). Änderungen an der Hausinstallation dürfen nur von fachkundigen Installateuren vorgenommen werden; jeder Wasserversorger hat dazu ein Installateursverzeichnis zu führen.
Für die Überwachung der Einhaltung dieser Anforderungen sind die Gesundheitsämter zuständig. Ihre Überwachung erstreckt sich sowohl auf die Wasserversorgungsunternehmen als auch auf die Anlagen der Hausinstallation. Dazu kontrollieren sie regelmäßig und stichprobenartig Zapfstellen (d. h. „am Wasserhahn“), insbesondere in öffentlichen Gebäuden bzw. an öffentlich zugänglichen Zapfstellen, zudem einzelne in privaten Haushalten. Bei Grenzwertüberschreitungen verfügt das Gesundheitsamt die notwendigen Anordnungen. Die Wasserversorger haben einen Notfallplan für den Fall zu erstellen, dass ganze Wasserversorgungsanlagen stillgelegt werden müssten.
Das Anschluss- und Benutzungsverhältnis zwischen einem kommunalen Wasserversorgungsunternehmen und dem Wasserverbraucher (Kunde) wird durch Satzung geregelt (Wasserversorgungssatzung[5]), deren Bestimmungen im Einklang mit der Bundes-verordnung über die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV)[6] stehen müssen (§ 35 Abs. 1 AVBWasserV). Die Erhebung der Entgelte kann privatrechtlich (Allgemeine Versorgungsbedingungen, Preisblatt) oder öffentlich-rechtlich (Entgeltsatzung) erfolgen.
Erfüllt der Kunde seine Zahlungsverpflichtungen nicht, ist das Wasserversorgungsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, die Wasserlieferung einzustellen (Liefersperre, § 33 Abs. 2 AVBWasserV; entsprechend in der Wasserversorgungssatzung). Die Liefersperre stellt eine besondere Ausprägung des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB dar; insoweit ist dies verfassungsrechtlich unbedenklich und mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Eine Ersatzwasserversorgung ist regelmäßig nicht erforderlich. Ggf. ist die Zahlungsverpflichtung durch Einsatz sozialer Leistungen zu erfüllen.
Seit 2013 erhebt das Land ein Wasserentnahmeentgelt („Wassercent“), das auch die kommunalen Wasserversorger zu zahlen haben.[7] Es beträgt jährlich 6 Cent für jeden entnommenen m³ Wasser. Diese Kosten muss der Wasserversorger in den Wasserpreis einkalkulieren. Das Gesamtaufkommen von rund 20 Mio. Euro jährlich ist zweckgebunden für den Gewässerschutz. Die kommunalen Aufgabenträger profitieren daher „unterm Strich“ vom Wassercent, da diese Mittel zum größten Teil über die wasserwirtschaftlichen Förderung[8] an die kommunalen Aufgabenträger fließen, während nur etwa die Hälfte davon von der öffentlichen Wasserversorgung aufgebracht wird.
[1] Landesgesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, des Landeswassergesetzes und des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes vom 26. November 2019, GVBl. 2019, S. 338.
[2] Vgl. zu alledem den GStB-Leitfaden zur Löschwasservorhaltung, GStB-Nachricht 0156/2022, verfügbar über kosDirekt.
[3] Quelle: Statistisches Landesamt: Statistische Berichte – Öffentliche Wasserversorgung 2019
[4] Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2023) vom 20. Juni 2023. BGBl. 2023 I, Nr. 159.
[5] Der GStB stellt dazu ein Satzungsmuster zur Verfügung, siehe kosDirekt.
[6] Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980, BGBl. I S. 750, berichtigt BGBl. I S. 1067; in der jeweils geltenden Fassung.
[7] Landesgesetz über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern (Wasserentnahmeentgeltgesetz – LWEntG -) vom 3. Juli 2012, GVBl. 2012, 202, zuletzt geändert durch § 124 des Gesetzes vom 14. Juli 2015 (GVBl. S. 127).