3.2 Nachhaltige Beschaffung
Gerade die „Nachhaltige Beschaffung“ der öffentlichen Hand spielt eine immer bedeutendere Rolle: Von jährlich rund 300 Mrd. Euro, für die sie in Deutschland Aufträge vergibt, entfallen über 50 % auf die Kommunen, die somit die Möglichkeit haben, ihre Marktmacht zu nutzen und gezielt Produkte nachzufragen, die unter Einhaltung ökologischer und sozialer Standards produziert wurden. Sie leisten damit nicht nur einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Ländern des Südens, sondern auch zum Umweltschutz. Die kommunalen Erfahrungen zeigen, dass „faire“ Vergaben (etwa von Produkten, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt werden), nicht zwangsweise zur Erhöhung der Einkaufskosten führen.
Der rechtliche Rahmen für die Einbeziehung von ökologischen Kriterien ist relativ klar definiert, wohingegen bei der Einbeziehung von sozialen Kriterien noch einige Unsicherheiten bestehen. Dank rechtswissenschaftlicher Gutachten und nationaler und europäischer Rechtsprechung konnten jedoch viele grundsätzliche Fragen mittlerweile geklärt werden. Bereits im Jahr 2016 wurden das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV) und die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) komplett erneuert. Im Jahr 2021 kam die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) dazu und löste die bis dahin geltende Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) ab, die nun ) ebenso Regelungen über die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Kriterien bei der Auftragsvergabe beinhaltet . Es ist festzuhalten, dass die derzeit geltenden Rechtsvorschriften es explizit ermöglichen, soziale Kriterien in Ausschreibungsunterlagen zu integrieren.
In gefestigter Rechtsprechung hat der Europäische Gerichtshof vier Voraussetzungen für vergaberechtskonforme nachhaltige Beschaffungen, die insbesondere soziale und nachhaltige Umweltaspekte berücksichtigen, aufgestellt:
- Die jeweils vorgegebenen Kriterien müssen mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen (Auftragsbezug).
- Die Zuschlagskriterien müssen klar, objektiv und nachprüfbar sein.
- Der Auftraggeber muss die jeweiligen Kriterien vorab in der Bekanntmachung sowie in der Leistungsbeschreibung nennen.
- Bei Beachtung der Kriterien müssen alle wesentlichen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts (Verbot der Diskriminierung etc.) gewahrt bleiben.
Unterstützung und Beratung in diesen Fragen geben neben der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung des Bundesministeriums des Innern auch viele weitere öffentliche Stellen.