III. Eingriffsregelung
Der Vollzug der Eingriffsregelung umfasst die Genehmigung von Eingriffen in Natur und Landschaft sowie die zur Vermeidung und Kompensation (Ausgleich bzw. Ersatz) notwendigen Maßnahmen. Folgende Prüfschritte sind sorgfältig zu unterscheiden:
Eingriffstatbestand: Was ein Eingriff im Sinne des Naturschutzrechts ist, ist in § 14 Abs. 1 BNatSchG abschließend legal definiert. Er beinhaltet zwei Voraussetzungen, die beide erfüllt sein müssen:
a) Die Eingriffshandlung: Veränderung der Gestalt oder der Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels.
b) Die Eingriffswirkung: Die o.g. Eingriffshandlung muss dazu führen, dass die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.
Besonderes Augenmerk ist auf die Erheblichkeitsschwelle zu legen. Nur geringfügige oder nur vorübergehende Beeinträchtigungen sind kein Eingriff. Für die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis gelten Sonderregelungen (§ 14 Abs. 2 und 3 BNatSchG).
- Vermeidungspflicht: Prüfung, ob die einzelnen Eingriffswirkungen (d. h. nicht die Eingriffshandlung selbst!) durch geeignete Änderungen im Bereich der Engriffs-handlung vermeidbar sind.
- Ausgleich bzw. Ersatz: Die danach nicht mehr vermeidbaren Eingriffswirkungen sind (gleichartig) auszugleichen oder (gleichwertig) zu ersetzen; als Sammelbegriff dafür hat sich der Begriff „Kompensation“ etabliert. Ist beides nicht (vollständig) möglich, z. B. bei Eingriffen in das Landschaftsbild durch Windkraftanlagen, ist bei Vorrang des Naturschutzes das Vorhaben zu untersagen; andernfalls hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten (Ersatzzahlung, § 15 Abs. 6 BNatSchG). Die Mittel aus den Ersatzzahlungen fließen direkt an die Stiftung Natur und Umwelt des Landes und werden dort für Naturschutzmaßnahmen bzw. -projekte eingesetzt.
Für Eingriffe durch eine kommunale Bauleitplanung sind die Sonderregelungen des § 18 BNatSchG besonders zu beachten. Danach ist sowohl bei Entscheidungen über die Vermeidung als auch über die notwendige Kompensation (o. g. Nr. 2 und 3) und Eingriffen aus Flächennutzungs- und Bebauungsplänen sowie aus einer Ergänzungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu erwartenden Eingriffe nicht das Naturschutzrecht maßgeblich, sondern vorrangig das spezielle Recht des BauGB; danach sind die naturschutzrechtlichen Belange im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Abwägung zu berücksichtigen (§ 1 a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB). Dies bedeutet auch, dass die sog. Landeskompensationsverordnung dort nicht anwendbar ist (§ 1 Abs. 1 LKompVO).[1]
Daneben beinhaltet § 18 BNatSchG weitere und z. T. noch weitergehende Sonderregelungen und Ausnahmen. So ist beispielsweise die Eingriffsregelung auf Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplanen nach § 30 BauGB oder im lnnenbereich nach § 34 BauGB überhaupt nicht anzuwenden. Bestimmte Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB erfordern lediglich das Benehmen mit der Naturschutzbehörde.
Dessen ungeachtet sind andere naturschutzrechtliche Vorgaben auch im Rahmen der Bauleitplanung bzw. den Sonderfällen nach § 18 BNatSchG zwingend zu beachten. Dazu gehören insbesondere die Übermittlung der festgesetzten Kompensationsmaßnahmen in das Kompensationsverzeichnis (§ 10 Abs. 1 LNatSchG) sowie die Umsetzung der besonderen artenschutzrechtlichen Bestimmungen (§§ 44 ff. BNatSchG; § 22 LNatSchG).
Für alle übrigen, nicht in § 18 BNatSchG aufgeführten Eingriffe sind somit auch für die Kommunen ausschließlich die naturschutzgesetzlichen Vorgaben maßgeblich.
Erfolgt die Genehmigung eines mit einem Eingriff verbundenen Vorhabens im Rahmen eines anderen behördlichen Verfahrens (z. B. nach Wasserrecht, nach Immissionsschutzrecht oder etwa ein Planfeststellungsverfahren), wird die Eingriffsregelung durch die jeweils verfahrensführende Behörde abgearbeitet (sog. „Huckepackverfahren“); diese führt die naturschutzrechtliche Prüfung in eigener Verantwortung nach Beteiligung der jeweils gleichgeordneten Naturschutzbehörde durch und entscheidet im Benehmen mit ihr (§ 9 Abs. 1 LNatSchG).
Werden Eingriffe ohne die erforderliche Genehmigung oder Anzeige durchgeführt, soll die zuständige Naturschutzbehörde die Fortsetzung des Eingriffs untersagen; soweit ein rechtmäßiger Zustand nicht hergestellt werden kann, soll sie nötigenfalls die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen (§ 17 Abs. 8 BNatSchG).
[1] Landesverordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft (Landeskompensationsverordnung – LKompVO -) vom 12. Juni 2018 mit der zugehörigen Landeskompensationsverzeichnisverordnung (LKompVzVO) vom 12. Juni 2018