V. Pflegestützpunkte

In Rheinland-Pfalz wurden seit 1995 bei 135 Trägern ambulanter Dienste Beratungs- und Koordinierungsstellen eingerichtet, die ab Januar 2009 zu 135 Pflegestützpunkten weiterentwickelt wurden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungs- und Koordinierungsstellen haben die Aufgabe, hilfesuchende Menschen und ihre Angehörigen qualifiziert zu beraten, die im Einzelfall erforderlichen Hilfen zu vermitteln, das Hilfeangebot zu koordinieren und bürgerschaftlich engagierte Menschen zu gewinnen, zu unterstützen und in die Angebotsstrukturen einzubeziehen. Sie arbeiten mit den Diensten und Einrichtungen, den Anbietern komplementärer Hilfen und den sonstigen an der Pflege Beteiligten eng zusammen. Beratungs- und Koordinierungsstellen haben ihre Aufgaben mit geeigneten Fachkräften, trägerunabhängig und trägerübergreifend wahrzunehmen. Die Fachkräfte der Beratungs- und Koordinierungsstellen sollen die Regionale Pflegekonferenz regelmäßig über ihre Tätigkeit und die dabei gewonnenen, für die Regionale Pflegekonferenz wichtigen Erkenntnisse unterrichten. Das Land fördert nach Maßgabe verfügbarer Haushaltsmittel die Personal- und Sachkosten der Beratungs- und Koordinierungsstellen, soweit diese Kosten nicht von Dritten getragen werden. Einzelheiten über die Aufgaben und Finanzierung sind in der LPflegeASGDVO geregelt.

In § 7 c SGB XI ist geregelt, dass zur wohnortnahen Beratung, Versorgung und Betreuung der Versicherten die Pflegekassen und Krankenkassen Pflegestützpunkte einrichten müssen, sofern die zuständige oberste Landesbehörde dies bestimmt. Diese Bestimmung hat das zuständige Ministerium mit Allgemeinverfügung vom 1. Juli 2008 (abgedruckt im Staatsanzeiger S. 1058) getroffen. Dem schlossen sich Verhandlungen über einen Landesrahmenvertrag über die Errichtung, die Arbeit und Finanzierung von Pflegestützpunkten in Rheinland-Pfalz nach § 92 c Abs. 8 SGB XI (a. F., heute § 7 Abs. 6 SGB XI) an; der Vertrag ist am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Darin ist festgehalten, dass die Pflege- und Krankenkassen, die Landkreise und kreisfreien Städte und das Land ihre gemeinsame Verantwortung für die pflegerische Versorgung wahrnehmen und mit diesem Rahmenvertrag die Grundlagen für eine Bündelung der Beratung, Fallbegleitung und gemeinsame Koordinierung der Hilfe- und Unterstützungsangebote mit dem Ziel einer wohnortnahen Versorgung und Betreuung durch Pflegestützpunkte schaffen.

Durch die Errichtung von Pflegestützpunkten erhalten die Vertragspartner die Möglichkeit, durch umfassende Versorgungs- und Betreuungskonzepte ihre Zusammenarbeit im Interesse pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen, aber auch im Interesse von Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz ohne Pflegebedarf in allen Fragen zur und rund um die Pflege zu intensivieren und zu vernetzen. Mit dem Aufbau von wohnortnahen und flächendeckenden Pflegestützpunkten wird die sozialleistungsträgerübergreifende Zusammenarbeit gefördert. Pflegestützpunkte tragen zudem dazu bei, die Teilhabe von Menschen mit Pflegebedarf an der Gesellschaft zu stärken und neues zivilgesellschaftliches Engagement zu ermöglichen.

Bei der Einrichtung von Pflegestützpunkten ist auf vorhandene vernetzte Beratungsstrukturen zurückzugreifen. Nach der vorgenannten Allgemeinverfügung ist eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung durch Pflegestützpunkte gewährleistet, wenn landesweit für durchschnittlich jeweils 30.000 Einwohnerinnen und Einwohner ein Pflegestützpunkt eingerichtet ist.Träger der Pflegestützpunkte sind die beteiligten Kosten- und Leistungsträger, also die Pflege- und Krankenkassen sowie die örtlichen und der überörtliche Sozialhilfeträger. Darüber hinaus kooperieren die Träger der Pflegestützpunkte mit den Trägern der Fachkräfte der Beratung und Koordinierung nach dem LPflegeASG. Bei der Einrichtung und dem laufenden Betrieb der Pflegestützpunkte sollen die Träger gemeinsam, gleichberechtigt und partnerschaftlich handeln.

Die Pflegestützpunkte haben folgende Aufgaben wahrzunehmen:

  • Eine umfassende sowie unabhängige Information, Auskunft und Beratung zu den Rechten und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch und zur Auswahl und Inanspruchnahme der bundes- oder landesrechtlich vorgesehenen Sozialleistungen und sonstigen Hilfsangeboten einschließlich der Pflegeberatung,
  • die Koordinierung aller für die wohnortnahe Versorgung und Betreuung in Betracht kommenden gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen und sonstigen medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfs- und Unterstützungsangebote einschließlich der Hilfestellung bei der Inanspruchnahme der Leistungen,
  • die Vernetzung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote.

Die Leistungen der Pflegestützpunkte sind wettbewerbsneutral zu erbringen. Besondere Aufgabe der Pflegestützpunkte ist die Einbindung von ehrenamtlichen und sonstigen zum bürgerschaftlichen Engagement bereiten Personen und Organisationen sowie von Selbsthilfegruppen.

Die Träger der Pflegestützpunkte stellen sicher, dass in den Pflegestützpunkten neben den Fachkräften der Beratungs- und Koordinierungsstellen weitere geeignete und entsprechend qualifizierte Fachkräfte in der erforderlichen Anzahl zur Verfügung stehen, damit das Angebot eines Pflegestützpunktes einschließlich der Pflegeberatung vorgehalten und die Pflegeberatung nach § 7 a SGB XI zeitnah und umfassend wahrgenommen werden kann. Alle Fachkräfte im Pflegestützpunkt sind verpflichtet, ihre fachliche Beratung und Begleitung von pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen nach den jeweils aktuellen fachlichen Standards trägerunabhängig und trägerübergreifend durchzuführen.

Die Einzelheiten über die Organisation der Pflegestützpunkte werden auf regionaler Ebene zwischen den Trägern der Pflegestützpunkte und den Trägern der Beratungs- und Koordinierungsstellen vereinbart. Zur Gewährleistung einer landesweit einheitlichen Struktur der Pflegestützpunkte haben die Vertragspartner mit den Verbänden der Träger der Beratungs- und Koordinierungsstellen eine Vereinbarung über den Betrieb von Pflegestützpunkten abgeschlossen, die als Mustervertrag auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte Anwendung findet.

Die Sachkosten und die laufenden Kosten des Betriebs eines Pflegestützpunktes werden von jeder Kostenträgergruppe zur Hälfte getragen: 50 Prozent tragen die Pflege- und Krankenkassen, während sich die restlichen 50 Prozent Landkreise und kreisfreie Städte sowie das Land hälftig teilen. Mit diesen Verträgen ist in Abstimmung mit allen Akteuren in Rheinland-Pfalz erreicht worden, dass in Rheinland-Pfalz als einzigem Bundesland bereits seit 2009 ein flächendeckendes Netz von 135 Pflegestützpunkten zur Verfügung steht. Begleitend dazu wurden in allen Landkreisen und kreisfreien Städten Kooperationsgemeinschaften eingerichtet, die den Ausbau, den laufenden Betrieb sowie die Qualität und Transparenz der Arbeit sichern. Inzwischen wurde der Landesrahmenvertrag aus dem Jahr 2009 durch einen neuen Landesrahmenvertrag mit im Wesentlichen gleichen Inhalt abgelöst, der ab dem 1. Januar 2016 gilt. In dem neuen Rahmenvertrag wurden lediglich Organisation und Verwaltung der Pflegestützpunkte neu vereinbart. Der „Mehrwert“ der Pflegestützpunkte gegenüber der bisherigen Struktur liegt vor allem in einem bedarfsgerechten und umfassenden Fallmanagement, im Ausbau der zugehenden Beratungen und in einer stärkeren Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger. Dies führt zur Beschleunigung von Verfahren und einer abgestimmten Vorgehensweise der Angebote. Davon profitieren alle Beteiligten, die Pflegebedürftigen selbst und ihre pflegenden Angehörigen.

Es ist ein zentrales Ziel der rheinland-pfälzischen Sozialpolitik, die häusliche Pflege zu stärken. Nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ soll allen pflege- und unterstützungsbedürftigen Menschen grundsätzlich ein selbstbestimmtes und weitgehend selbstständiges Leben in ihrem gewohnten Wohn- und Lebensumfeld ermöglicht werden.

Die Pflegestützpunkte sind hierbei mit ihrem umfangreichen Beratungs- und Unterstützungsangebot ein wichtiger Baustein.

Autor: Marc Ehling Drucken voriges Kapitel