2. Sonderumlagen
Neben der Erhebung der Verbandsgemeindeumlage kommt die Erhebung von Sonderumlagen nach § 32 Abs. 2 LFAG und § 15 Abs. 2 der Aufgaben-Übergangs-Verordnung in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass eine von der Verbandsgemeinde wahrgenommene Aufgabe den Ortsgemeinden in unterschiedlichem Umfang Vorteile bringt. Das ist nicht bereits dann der Fall, wenn Lagevorteile für bestimmte Ortsgemeinden bestehen und die Erreichbarkeit der Einrichtung für deren Einwohner besser gewährleistet ist als für andere. Vielmehr kommt es einzig darauf an, ob die betreffende Ortsgemeinde infolge der Wahrnehmung der Aufgabe durch die Verbandsgemeinde in ihrem Gebiet der Aufgabe enthoben ist, eine örtliche Einrichtung zur Verfügung zu stellen und die damit verbundenen Lasten zu tragen.
Hiervon ausgehend kann nach dem Urteil des OVG RP vom 28. Oktober 1980 – 7 A 25/80 – AS 16, 142 eine Verbandsgemeinde für die Aufwendungen, die ihr durch die Hauptschulträgerschaft entstehen, keine Sonderumlage erheben. Die unterschiedliche Ausstattung verschiedener Hauptschulen rechtfertigt die Erhebung ebenso wenig wie unterschiedliche räumliche Entfernungen zwischen dem Standort der Hauptschule und den einzelnen Ortsgemeinden.
Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn einzelne Ortsgemeinden selbst Schulträgerinnen sind, während Schulen des gleichen Typs in anderen Ortsgemeinden in der Trägerschaft der Verbandsgemeinde betrieben werden. Die Ortsgemeinden, die keine Vorteile von einer durch die Verbandsgemeinde wahrgenommene Aufgabe haben, weil sie diese Aufgabe selbst erfüllen, können einen Anspruch auf Erhebung einer Sonderumlage von den Ortsgemeinden haben, welche die entsprechende Aufgabe nicht erfüllen müssen. In dem vom OVG RhPf (Urteil vom 8. März 1994 – 7 A 10437/93 – juris) entschiedenen Fall hat eine Ortsgemeinde von der Möglichkeit des § 76 Abs. 1 Satz 2 SchulG Gebrauch gemacht und war mit Zustimmung der Verbandsgemeinde und der Schulbehörde Schulträgerin einer Grundschule geblieben. Alle anderen Grundschulen wurden im Zuge des Aufgabenübergangs am 1. Januar 1975 in die Trägerschaft der Verbandsgemeinde überführt. Die Verbandsgemeinde hatte ursprünglich eine Sonderumlage von den Ortsgemeinden, die nicht Schulträgerinnen waren, erhoben. Diese Sonderumlage wurde abgeschafft. Die Verbandsgemeinde bot der Ortsgemeinde, die selbst Schulträgerin einer Grundschule war, einen Zuschuss zum Ausgleich ihrer Belastungen durch die eigene Schulträgerschaft an. Bei der Berechnung des Umlagebedarfs für die allgemeine VG-Umlage waren nach Abschaffung der Sonderumlage die Kosten für die in der Trägerschaft der Verbandsgemeinde stehenden Grundschulen enthalten. Die Ortsgemeinde, welche Schulträgerin der Grundschule war, klagte gegen den Bescheid der Verwaltung zur Festsetzung der allgemeinen VG-Umlage. Das OVG RhPf gab der Klage der Ortsgemeinde statt und führte aus: „Lassen sich die besonderen Vorteile aus der Aufgabenwahrnehmung durch die Verbandsgemeinde hinreichend zuverlässig abgrenzen und sind sie nicht unerheblich, so erwächst für die Verbandsgemeinde gar eine Pflicht zur Aussonderung der Kosten aus der allgemeinen Verbandsgemeindeumlage. Dafür spricht bereits die Respektierung des Selbstverwaltungsrechts der nicht an dem Vorteil der Aufgabenwahrnehmung teilhabenden Ortsgemeinden, denen eine Kostenbeteiligung in beträchtlicher Höhe ohne jeglichen Vorteil nicht zugemutet werden könnte.“
Übernimmt die Verbandsgemeinde die Trägerschaft für nur für einzelne Kindertagesstätten in der Verbandsgemeinde, ist die Erhebung einer Sonderumlage von den Ortsgemeinden geboten, die zum Einzugsbereich der KiTa gehören, erforderlich (Beucher/Hesch PRAXIS-Beitrag E 1 RhPf, S. 292 f.), sofern nicht durch eine entsprechende Vereinbarung ein anderweitiger Ausgleich erfolgt.
Ein besonderer Vorteil einer Ortsgemeinde besteht, der durch die Erhebung einer Sonderumlage auszugleichen ist, wenn das in der Ortsgemeinde vorhandene Stadion als zentrale Sportanlage auf die Verbandsgemeinde übergegangen ist und die Ortsgemeinde dadurch – im Unterschied zu den übrigen Ortsgemeinden – der Aufgabe enthoben ist, ihren Einwohnern eine örtliche Sportanlage zur Verfügung zu stellen (OVG RP, Urteil vom 20. April 1982 – 7 A 72/81.OVG – AS 17, 304 und Urteil vom 27. August 2002 – 7 A 10112/02.OVG – GStB-Nachrichten Nr. 434 vom 15. November 2002). Denn ab einer gewissen Größenordnung kommt eine Ortsgemeinde nicht umhin, ihren Einwohnern einen den geltenden Normen hinsichtlich Größe und Ausstattung entsprechenden Sportplatz zur Verfügung zu stellen. Von der Wahrnehmung dieser Aufgabe – einschließlich der daraus resultierenden Lasten – ist eine betreffende Ortsgemeinde durch den Übergang einer zentralen Sportanlage auf die Verbandsgemeinde nicht entlastet worden. Die zentrale Sportanlage der Verbandsgemeinde erfüllt zugleich die Aufgabe einer örtlichen Sportanlage der Standortgemeinde. Dies kann auch – je nach Größe und etwaiger Fremdenverkehrsbedeutung einer Ortsgemeinde – auch auf Hallen- und Freibäder zutreffen.
Unzulässig ist nach dem Urteil des OVG RP vom 18. Februar 1997 – 7 A 13231/95.OVG – allerdings die Erhebung einer Sonderumlage von der Standortgemeinde für die Nutzung der Schulturnhalle durch ortsansässige Vereine. Denn es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Selbstverwaltungsaufgabe der Ortsgemeinde sich dahin verdichtet, alternativ eine eigene Sporthalle vorzuhalten. Hinzu kommt, dass die Vereinsangehörigen die Leistungen des Schulträgers Verbandsgemeinde nicht in ihrer Eigenschaft als Bürger der Ortsgemeinde, sondern als Bürger der Verbandsgemeinde entgegennehmen.
Ebenfalls unzulässig ist nach dem Urteil des VG Koblenz vom 8. August 2017 – 1 K 1117/16 – eine Sonderumlage – mangels Vorhaltungspflicht – für das Betreiben eines Freibads durch eine Verbandsgemeinde, wenn aufgrund der geringen Größe der Ortsgemeinde oder Stadt diese nicht verpflichtet ist, ein Freibad bereitzustellen. Mit Beschluss vom 14. Februar 2018 – 10 A 11577/17 – hat das OVG RP das Urteil des VG Koblenz bestätigt. Die Heranziehung zu einer Sonderumlage für das von der Verbandsgemeinde betriebene Freibad im Stadtgebiet ist rechtswidrig. Nach der vorliegenden Entscheidung ist ein zur Erhebung einer Sonderumlage berechtigender Vorteil einer verbandsangehörigen Gemeinde grundsätzlich dann gegeben, wenn diese infolge des Standortes einer von der Verbandsgemeinde betriebenen zentralen Einrichtung in ihrem Gebiet von der Aufgabe enthoben wird, selbst eine örtliche Einrichtung gleicher Art zu betreiben und die damit verbundenen Lasten zu tragen. Für ein Freibad gilt dies nach den o.g. Gerichtsentscheidungen nicht. Wird eine solche Gemeinde bzw. Stadt durch das Bad der Verbandsgemeinde nicht von eigenen Aufgaben entlastet, kann sie auch nicht zu einer Sonderumlage hierfür von der Verbandsgemeinde herangezogen werden.
Nach § 32 Abs. 2 Satz 2 LFAG ist die Sonderumlage nach Merkmalen zu berechnen, die geeignet sind, „die besonderen Vorteile möglichst auszugleichen“. Dazu kann zum einen der besondere Aufwand herangezogen werden, welcher der Verbandsgemeinde durch den Betrieb von Einrichtung nur in einzelnen Ortsgemeinden entsteht. Dabei ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass diese Einrichtung immer auch eine über die jeweilige Ortsgemeinde hinausgehende Bedeutung und Benutzer hat, sonst wäre sie ja keine zentrale Einrichtung. Ein anderes Kriterium kann die Ersparnis sein, die eine Ortsgemeinde wegen der Existenz der zentralen Sport-, Spiel- und Freizeiteinrichtung im Vergleich zu den anderen Ortsgemeinden in der Verbandsgemeinde erzielt. Die Merkmale der Berechnung der Sonderumlage sind in der Haushaltssatzung festzusetzen.
Die Erhebung einer Sonderumlage ist jedoch nachrangig gegenüber vertraglichen Vereinbarungen, die den unterschiedlichen Vorteil ausgleichen (OVG RP, Urteil vom 27. August 2002 – 7 A 10112/02.OVG – AS 24, 385). Nach § 32 Abs. 2 Satz 1 LFAG ist die Erhebung einer Sonderumlage ausgeschlossen, wenn der Vorteil bereits auf andere Weise ausgeglichen wird. Für die Sonderumlage nach § 15 Abs. 2 der Aufgaben-Übergangs-Verordnung gilt dies für die nach §§ 5 und 6 der Aufgaben-Übergangs-Verordnung auf die Verbandsgemeinde übergegangenen Aufgaben (zentrale Sport-, Spiel- und Freizeiteinrichtungen und überörtliche Sozialeinrichtungen). Im Rahmen solcher Vereinbarungen besteht für die Vertragsschließenden ein Spielraum wie im Rahmen von Vergleichsverträgen. Allerdings muss sich die Vereinbarung an den materiell-rechtlichen Regeln des Vorteilsausgleichs orientieren. Dieser Nachrang der Sonderumlage wird jedoch nicht ausgelöst durch eine einseitige Zuwendung oder Zuwendungsabsicht der bevorteilten Ortsgemeinde. Denn eine Zuwendung kann nicht einseitig aufgedrängt werden.
Hat eine Verbandsgemeinde eine Aufgabe nicht gemäß § 67 Abs. 4 GemO wirksam von den Ortsgemeinden übernommen, kann sie für die Wahrnehmung dieser Aufgabe keine Sonderumlage im Sinne des § 26 Abs. 2 LFAG erheben (OVG RP, Urteil vom 11. August 2008 – 2 C 11333/07.OVG).