5. Ergänzung der Tagesordnung nach erfolgter Einladung

Beantragt eine Fraktion oder ein Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder die Aufnahme eines Beratungsgegenstandes auf die Tagesordnung und wurde zu diesem Zeitpunkt bereits vom Bürgermeister zur Sitzung eingeladen, muss dem Antrag grundsätzlich dann entsprochen werden, wenn die Einladungsfrist noch nicht „angebrochen“ ist. Diese Situation ist dann gegeben, wenn der Bürgermeister schon sehr frühzeitig die Ratsmitglieder, Beigeordneten und weiteren Sitzungsteilnehmer formgerecht eingeladen hat.

Ob die ergänzte Tagesordnung in diesen Fällen erneut bekannt zu machen ist, ist für Rheinland-Pfalz höchstrichterlich nicht entschieden. Nach einer älteren Entscheidung des Hessischen Verfassungsgerichtshofs muss eine nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung nicht zusätzlich in einer öffentlichen Bekanntmachung vollzogen werden, soweit die öffentliche Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung der eingeladenen Sitzung bereits erfolgt ist. Mit der öffentlichen Bekanntmachung der eingeladenen Sitzung ist den Einwohnern bekannt, dass und wann die Ratssitzung stattfindet.[1] Das OVG Saarland hat hingegen im Falle einer Erweiterung der Tagesordnung durch einstimmigen Beschluss des Gemeinderats zum Sitzungsbeginn, über eine Satzung, die nicht auf der bekannt gemachten Tagesordnung stand, zu beraten und zu entscheiden einen Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz bejaht.[2] Da ein solcher Verstoß grundsätzlich zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führt, erscheint es sinnvoll, Beschlüsse über Satzungen bzw. über Angelegenheiten die Grundlage von Bescheiden sind und häufig angefochten werden, nur dann zu fassen, wenn diese in der öffentlichen Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung enthalten sind oder objektive Dringlichkeit vorlag (s.u.). Zu empfehlen ist in diesem Fall die Durchführung der Bekanntmachung als dringliche Sitzung (§ 8 Abs. 4 GemODVO) unter Berücksichtigung der Ersatzbekanntmachungsform.

Insoweit bietet die Möglichkeit, die Tagesordnung ausschließlich elektronisch bekannt zu machen, wenn dieses entsprechend in der Hauptsatzung so festgelegt wurde, in diesen Fällen die nötige Flexibilität, da eine Bindung an Redaktionsschlüsse entfällt.

Wird der Antrag von Ratsmitgliedern oder einer Fraktion dem Bürgermeister zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem die Einladungsfrist bereits „angebrochen“ ist, muss dem nur nachgekommen werden, wenn hinsichtlich der Angelegenheit, die aufgenommen werden soll, objektiv Dringlichkeit gegeben ist; andernfalls ist in der Sitzung über eine Ergänzung der Tagesordnung mit Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Ratsmitglieder zu beschließen (§ 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 GemO). Werden Beratungsgegenstände wegen objektiver Dringlichkeit ergänzend auf die Tagesordnung aufgenommen (§ 34 Abs. 7 Nr. 1 GemO), ist eine Bekanntmachung der ergänzten Tagesordnung nicht erforderlich.


[1]     HessVGH, Beschluss vom 18. Juli 1978 – V TH 24/78.

[2]     OVG Saarland, Beschluss vom 12. Januar 2018 – 1 C 356/16 –, juris.

Autor: Stefan Heck, Agneta Psczolla Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel