II. Sonderregelungen, die die Rechte der Ratsmitglieder außerhalb von Sitzungen betreffen

1. Unterrichtung durch den Bürgermeister

In § 33 Abs. 3 GemO ist das Unterrichtungsrecht des Gemeinderats normiert. Danach kann ein Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder oder eine Fraktion in allen Angelegenheiten der Gemeinde und ihrer Verwaltung verlangen, dass der Bürgermeister den Gemeinderat unterrichtet. Dieses Informationsrecht ist Ausdruck des Kontrollrechts des Gemeinderats gegenüber dem Bürgermeister als Leiter der Gemeindeverwaltung. Hiervon zu unterscheiden ist der Anspruch auf angemessene Unterrichtung über die Gegenstände anstehender Ratsentscheidungen, der den Mitgliedern des Gemeinderats und den Fraktionen gegen den Bürgermeister als Vorsitzenden des Gemeinderats zusteht. Zur wirksamen Ausübung des Beratungs-/Rederechts und des Stimmrechts sind die Ratsmitglieder auf angemessene Unterrichtung angewiesen. Entsprechendes gilt für die Ratsfraktionen.

Das Kontrollrecht eines Viertels der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder oder einer Fraktion in Form des Unterrichtungsanspruchs nach § 33 Abs. 3 Satz 1 GemO wird ergänzt durch ein Akteneinsichtsrecht. Nach § 33 Abs. 3 Satz 2 GemO kann ein Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder oder eine Fraktion auch verlangen, dass einem Ausschuss oder einzelnen vom Gemeinderat beauftragten Ratsmitgliedern Einsicht in die Akten gewährt wird, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Gemeinderats vorliegt. Das Verlangen auf Akteneinsicht ist zu begründen. Die Akteneinsicht ist zu gewähren, wenn und soweit die Einsichtnahme zur Erfüllung des berechtigten Interesses erforderlich ist. Nach § 33 Abs. 3 Satz 6 GemO kann der Bürgermeister auch einzelnen Ratsmitgliedern Akteneinsicht gewähren, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Gemeinderats vorliegt und soweit die Einsichtnahme zur Erfüllung des berechtigten Interesses erforderlich ist.

2. Anfragen an den Bürgermeister

Nach § 33 Abs. 4 kann jedes Ratsmitglied schriftliche oder in einer Sitzung des Gemeinderats mündliche Anfragen über einzelne Angelegenheiten der Gemeinde und ihrer Verwaltung an den Bürgermeister richten, die in angemessener Frist zu beantworten sind. Einzelheiten hierzu sind in der Geschäftsordnung zu regeln. Einzelne Angelegenheiten der Gemeinde und ihrer Verwaltung sind nur Angelegenheiten, die sich auf einen konkreten, nach Zeit und Ort bestimmbaren Lebenssachverhalt beziehen.

3. Einberufung einer Ratssitzung

In § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO ist das Recht verankert, die unverzügliche Einberufung des Gemeinderats unter Angabe des Beratungsgegenstands, der zu den Aufgaben des Gemeinderats gehören muss, zu verlangen. Dieses Recht steht einem Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder zu. Der Gemeinderat ist dann unverzüglich einzuberufen. Dies gilt gemäß § 34 Abs. 1 Satz 5 GemO nicht, wenn der Gemeinderat den gleichen Gegenstand innerhalb der letzten sechs Monate bereits beraten hat. Der Beratungsgegenstand muss konkret bezeichnet werden und zu den Aufgaben des Gemeinderats gehören, also eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft betreffen und in die Zuständigkeit des Gemeinderats und nicht des Bürgermeisters fallen.

4. Aufnahme in die Tagesordnung

Mit dem Recht, die unverzügliche Einberufung einer Ratssitzung zu beantragen, korrespondiert das Recht, die Aufnahme einer Angelegenheit auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu verlangen. Dieses Recht steht gemäß § 34 Abs. 5 Satz 2 GemO einem Viertel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder oder einer Fraktion zu. Die zu beratende Angelegenheit muss zu den Aufgaben des Gemeinderats gehören. Das Recht auf Aufnahme der Angelegenheit in die Tagesordnung gilt nicht, wenn der Gemeinderat den gleichen Gegenstand innerhalb der letzten sechs Monate bereits beraten hat.

5. Anhörung von Sachverständigen und Vertretern berührter Bevölkerungsteile

Nach § 35 Abs. 2 Satz 3 GemO muss der Gemeinderat eine Anhörung von Sachverständigen oder Vertretern berührter Bevölkerungsteile durchführen, wenn dies ein Viertel der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Gemeinderats beantragt und nicht zum gleichen Beratungsgegenstand innerhalb der letzten 12 Monate bereits eine Anhörung durchgeführt worden ist. Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 GemO können die Anzuhörenden auch mittels Ton- und Bildübertragung in die Sitzung des Gemeinderats zugeschaltet werden. Über die Ausgestaltung der Anhörung entscheidet der Gemeinderat mit der Mehrheit der anwesenden Ratsmitglieder. § 35 Abs. 2 GemO soll die Rechte des Gemeinderats gegenüber dem Bürgermeister stärken.

6. Abwahl der hauptamtlichen Bürgermeister und Beigeordneten

Nach § 55 Abs. 1 GemO kann ein bestimmtes Quorum von Gemeinderatsmitgliedern auch das Verfahren zur Abwahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters einleiten. Die Abwahl selbst muss bei urgewählten Bürgermeistern folgerichtig durch die Bürger der Gemeinde erfolgen. Hauptamtliche Beigeordnete können, da sie vom Gemeinderat gewählt wurden, gemäß § 55 Abs. 2 GemO auch durch diesen abgewählt werden.

Autor: Brandt, Hanna Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel