2. Familiäre Beziehungen

2.1

Um den Kreis der Auszuschließenden rechtlich klar zu umgrenzen und nicht auch entfernte familiäre Beziehungen relevant werden zu lassen, unterliegt ein Mandatsträger dann einem Mitwirkungsverbot, wenn die zu treffende Entscheidung einer der folgenden mit ihm familiär verbundenen Personen einen (unmittelbaren) Vor- oder Nachteil bringen kann:

  • Ehegatte bzw. eingetragener Lebenspartner
  • Geschiedener Ehegatte bzw. ehemals eingetragener Lebenspartner
  • Verwandter bis zum dritten Grade
    Personen sind miteinander genetisch verwandt, wenn
    • die eine Person von der anderen abstammt (§ 1589 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – = Verwandtschaft in gerader Linie: Großvater/ Großmutter – Vater/Mutter – Sohn/Tochter – Enkel)
    • oder beide Personen von derselben dritten Person abstammen (§ 1589 Abs. 1 Satz 2 BGB = Verwandtschaft in der Seitenlinie, so z. B. Bruder/Schwester [die „dritten Personen“ sind die Eltern], Halbbruder/Halbschwester [„dritte Person“ ist der gemeinsame Elternteil], Onkel/Tante [„dritte“ Person sind die Großeltern bzw. ein gemeinsamer Großelternteil]).              
    Der genetischen Verwandtschaft steht die Annahme als Kind (Adoption) gleich, sodass eine adoptierte Person z. B. auch mit den Geschwistern seiner Adoptiveltern verwandt ist.              
    Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten (§ 1589 Abs. 1 Satz 3 BGB), sodass z. B. mit einem Ratsmitglied dessen Enkel im zweiten Grad (in gerader Linie), der Onkel im dritten Grad (in der Seitenlinie) und der Cousin im vierten Grad (der schon nicht mehr zum Mitwirkungsverbot führt!) verwandt sind.
  • Ehegatte bzw. eingetragener Lebenspartner eines Verwandten bis zum zweiten Grade und Verschwägerter bis zum zweiten Grade
    Nach dem Wortlaut des § 1590 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt der Begriff der Schwägerschaft nur zu den Verwandten eines Ehegatten (z. B. Schwiegervater/Schwiegermutter, Schwägerin/Schwager als deren Sohn/Tochter). Hiervon sind nicht die Ehegatten der Verwandten erfasst (z. B. Ehefrau des Bruders). Deshalb stellt die Formulierung in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 GemO klar, dass für die Ehegatten von Verwandten das Gleiche gilt wie für die Verwandten der Ehegatten. Entsprechendes gilt für eingetragene Lebenspartner der Verwandten, während die Verwandten des Lebenspartners nach § 11 Abs. 2 Satz 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) als mit dem anderen Lebenspartner verschwägert gelten.              
    Der Grad der Schwägerschaft entspricht dem Grad der sie vermittelnden Verwandtschaft, sodass z. B. mit einem Ratsmitglied dessen Stieftochter im ersten Grad (in gerader Linie) und der Bruder seiner Ehefrau im zweiten Grad (in der Seitenlinie) verschwägert sind. Die familiäre Beziehung zur Ehefrau des Onkels (= Ehegatte eines Verwandten 3. Grades) kann nicht zu einem Mitwirkungsverbot führen, da dieses hier nur bis zum zweiten Grad gilt.              
    Da die Angehörigeneigenschaft nach § 22 Abs. 2 Satz 2 GemO fortdauert, auch wenn die sie begründende Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht (so auch § 1590 Abs. 2 BGB), bleibt z. B. das (nicht gemeinsame) Kind eines Ehegatten auch nach der Ehescheidung mit dem anderen Ehegatten verschwägert. Anders hingegen, wenn ein (nicht gemeinsames) Kind ein Jahr nach der Ehescheidung geboren wird: Nur während der Ehe bestehende Schwägerschaften dauern nach der Scheidung fort.              
    Die sog. „Schwippschwägerschaft“ (z. B. Ehemann einer Schwester der Ehefrau des Ratsmitglieds) ist keine Schwägerschaft und begründet damit kein Mitwirkungsverbot.

2.2 

Sonstige persönliche Beziehungen (nichteheliche Lebensgemeinschaft, Verlöbnis, Freundschaft, Patenschaft, kollegiales Verhältnis, Nachbarschaft, Feindschaft) sind für ein Mitwirkungsverbot ohne Belang, weil sie nur schwer feststellbar/beweisbar und z. T. auch nicht klar abgrenzbar sind. Obwohl diese Beziehungen wesentlich enger sein können als ein formales Verwandtschaftsverhältnis, stellen sie aus Gründen der Rechtssicherheit keine Ausschließungsgründe dar. Natürlich bleibt es jedem Mandatsträger unbenommen, bei einer derartigen Verbundenheit zu einer anderen Person freiwillig auf eine Mitwirkung in den kommunalen Gremien zu verzichten.

Autor: Hubert Stubenrauch Drucken voriges Kapitel nächstes Kapitel